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Streit mit dem Iran droht zu eskalieren

Katrin Matthaei7. September 2004

Wenige Tage vor der Sitzung des Gouverneursrates der Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien verschärft sich der Ton zwischen dem Iran und der internationalen Gemeinschaft. Droht dem islamischen Staat bald ein Militärschlag?

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Iranische Atomanlage in BuscherBild: AP

Grund für die heftigen Reaktionen ist der neueste vertrauliche Bericht der unabhängigen Atomenergiebehörde (IAEA). Er gilt als Vorbereitung für die am 13. September beginnende Tagung des Gouverneursrates der unabhängigen Atom-Organisation. Darin heißt es, der Iran bereite intensiv die Anreicherung von waffenfähigem Uran vor. Demnach sollen in einer Aufbereitungsanlage 37 Tonnen Uran lagern, die in diesen Wochen zu Uranfluorid, einem Ausgangsstoff für Atomwaffen, umgewandelt werden sollen.

Die iranische Regierung betont weiterhin, das Atomprogramm diene ausschließlich der zivilen Nutzung und Energiegewinnung. Die iranischen Behörden selbst hatten die internationalen Atom-Inspektoren über die Uran-Mengen informiert. Entsprechend positiv lobt der neueste Bericht die iranische Kooperationsbereitschaft bei der Offenlegung von Anlagen.

Europäer auf US-Kurs

IAEA Logo
Logo der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA

Manche sehen in dem IAEA-Bericht eine Entlastung des Iran, da er seine Offenlegungspflicht erfüllt hat und mit der Uran-Anreicherung nicht gegen den Atomwaffensperrvertrag verstößt. Die USA aber warnen vor einer iranischen Atombombe und wollen den Gouverneursrat dazu drängen, das iranische Atomprogramm an den Weltsicherheitsrat weiterzuleiten. Sie fordern politische, wirtschaftliche oder diplomatische Sanktionen.

Die Europäer, allen voran Frankreich und Deutschland, hatten internationale Sanktionen bisher abgelehnt. Nachdem sich der Iran aber Ende Juli 2004 geweigert hatte, wie verabredet den Bau von Zentrifugenteilen auszusetzen, scheint Europa allmählich auf die harte Linie der Amerikaner einzuschwenken. Erst vor einigen Tagen hatten Bundeskanzler Gerhard Schröder, der russische Präsident Wladimir Putin und sein französischer Amtskollege Jaques Chirac klargemacht, dass sie eine iranische Atombombe unter allen Umständen verhindern wollen. Auch die niederländische EU-Ratspräsidentschaft hat den Iran aufgefordert, stärker mit der IAEA zusammenzuarbeiten. Eine intensivere Kooperation sei notwendig, um das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft wiederzugewinnen.

Mit Blick auf das iranische Atomprogramm hat Bundesaußenminister Joschka Fischer vor dem "Alptraum" eines atomaren Wettrüstens im Nahen Osten gewarnt. "Die nuklearen Ambitionen Irans" seien Besorgnis erregend, sagte Fischer am Montag (7.9.2004) in Berlin zum Auftakt einer Botschafterkonferenz im Auswärtigen Amt. Die mit Deutschland, Frankreich und Großbritannien getroffenen Vereinbarungen bezüglich des iranischen Atomprogramms würden nicht umgesetzt. Das Recht eines Landes zur zivilen Nutzung der Atomkraft sei unbestritten, sagte er. Aber wenn ein Land die Fähigkeit erwerbe, hoch angereichtertes Uran zu produzieren, dann würde dies "eine dramatische Verschärfung" der Lage mit sich bringen.

Militärschlag gegen den Iran?

Auch das israelische Militär hat die iranischen Atompläne in den vergangenen Wochen scharf kritisiert. In Israel soll das Militär schon Pläne zur Bombardierung iranischer Atomanlagen vorgelegt haben.

"Eine militärische Intervention im Iran scheint mir angesichts der Lage im Irak unwahrscheinlich, zumindest nicht unter der jetzigen Administration unter George W. Bush. Aber keiner weiß, wie die neue Regierung handeln wird", sagt Götz Neuneck, Rüstungsexperte und Wissenschaftler am Institut für Friedensforschung in Hamburg. Wichtig sei jetzt, dass der Westen oppositionelle Strömungen im Iran erkenne und ausnutze: "Der Iran ist kein einheitlicher Block, sondern eine Gesellschaft mit gegensätzlichen Interessen. Die auszunutzen hat der Westen, auch Europa, bisher versäumt."

Zwar haben die Konservativen seit den Wahlen im Februar 2004 wieder die Mehrheit im Parlament - aber nur, weil viele Iraner aus Protest nicht zur Wahl gegangen waren. Die Unzufriedenheit, vor allem unter der jungen Bevölkerung, wächst angesichts steigender Arbeitslosenzahlen und großer wirtschaftlicher Probleme. Viele von ihnen sind gegen das Atomprogramm der Regierung.