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Straßenfußball als Lockmittel

Oliver Samson / Rainer Sollich 16. September 2004

Fußballspielen macht Spaß und kann auch helfen. Die deutsche "Stiftung Jugendfußball" betreibt seit zwei Jahren das Projekt "streetfootballworld", das weltweit Straßenfußball-Initiativen mit sozialem Anspruch vernetzt.

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Kicken in AfghanistanBild: AP

Euphorie um das runde Leder gibt es nicht nur in den großen Profi-Arenen. Auch das private Fußballspielen auf Straßen, in Garageneinfahrten oder auf Bolzplätzen ist überaus populär - weltweit. Zum Beispiel auch im kriegszerstörten Irak. Bernd Stange, deutscher Ex-Trainer der irakischen Nationalmannschaft, erinnert sich: "Wenn Sie auf dem Dach des Hotel Palestine oder des Sheraton-Hotels stehen - den höchsten Gebäuden von Bagdad - und sie schauen hinunter in die Straßen, dann sehen Sie auf jedem Bolzplatz und auf jedem asphaltierten Parkplatz Kinder mit Erwachsenen Fußball spielen. Mit alten Bällen. Das ist eigentlich die Basis des irakischen Fußballs: Straßenfußball."

Mit Klinsmann an der Spitze

Zuschauer beim Streetfootball
Auch Straßenfußball hat jubelnde Zuschauer - wie beim Homeless World Cup 2004 in GrazBild: Gubisch/Lassacher

Weil Fußballspielen auch helfen kann, zivilgesellschaftliche Prozesse anzustoßen, betreibt die deutsche "Stiftung Jugendfußball" seit zwei Jahren das Projekt "streetfootballworld". Darin engagieren sich neben Jürgen Klinsmann, dem Präsidenten der Stiftung, auch Ex-Fußballer wie Franz Beckenbauer, Bundeskanzler Gerhard Schröder hat die Schirmherrschaft übernommen. Das Projekt wird vor allem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert - und auch die Deutsche Welle engagiert sich für "streetfootballworld" und pflegt eine Medienpartnerschaft mit dem Projekt.

"streetfootballworld" will vor allem jungen Leuten helfen. Im Vorfeld der 2006 anstehenden Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland sollen weltweit Projekte gefördert werden, die über das populäre Lockmittel Fußball Jugendarbeit betreiben und sich dabei etwa für die Bekämpfung von Jugendarmut, die Förderung von Völkerverständigung oder für Gesundheitsaufklärung einsetzen.

So unterstützt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) das Projekt "WM-Schulen 2006", an dem über 200 Schulen in Deutschland beteiligt sein werden. Die Idee: Jede Schule repräsentiert eine FIFA Nation, die wiederum mit Schulen und Projekten in "ihren" Ländern eng zusammenarbeitet. Alle teilnehmenden Schulen werden dazu einen Projekttag zum Thema "Fair Play for Fair Life" durchführen, sich ihrer Botschafterrolle widmen und für Fußballaktivitäten in der jeweiligen Region verantwortlich zeichnen.

Gemeinsames Fußballspielen in Nahost

Die Verantwortlichen von "streetfootballworld" sind sich sicher: Die Anziehungskraft des Fußballs ist weltweit so stark, dass sich dieser Sport bestens als Katalysator eignet, um wichtige gesellschaftliche Prozesse anzustoßen. Straßenfußball-Projekte, so ihre Überzeugung, können nicht nur sozial schwachen Jugendlichen bei der Integration in die Gesellschaft helfen. Sie können im besten Fall sogar kleine Brücken zwischen verfeindeten Völkern schlagen - wie etwa im Nahen Osten, wo das vom ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten und Friedensnobelpreis-Träger Schimon Peres gegründete "Peres Center for Peace" seit zwei Jahren gemeinsame Fußballnachwuchs-Schulen für palästinensische und israelische Jugendliche betreibt.

Kindersoldaten beim Straßenfußball
Kindersoldaten in Liberia spielen FußballBild: AP

"streetfootballworld" hat sich zum Ziel gesetzt, solche und ähnliche Straßenfußball-Projekte mit gemeinnützigem Anspruch weltweit zu vernetzen. Ob Straßenfußball in Kenia, Brasilien, Afghanistan oder Deutschland - die von der deutschen "Stiftung Jugendfußball" gegründete Initiative bringt diejenigen zusammen, die Fußballspielen mit einem gewissen gesellschaftlichen Anspruch verbinden.

Derzeit sind dies etwa 150.000 meist jugendliche Kicker in weltweit rund 50 Projekten. "streetfootballworld"-Geschäftsführer Jürgen Griesbeck: "Fußball motiviert und bringt Menschen in Bewegung, die man normalerweise eben nicht zusammenbringt. Sei es, weil sie sich nicht mögen oder weil sie sich grundsätzlich für nichts begeistern. Oder auch weil sie sich sonst gegenüber Kampagnen verschließen - zum Beispiel bei der gesundheitlichen Aufklärung, etwa aus religiösen, kulturellen oder sozialen Gründen."

Die Fußball-WM 2006 kann kommen

Die Themen, die über den Umweg des Straßenfußballs vermittelt werden sollen, sind vielfältig. Es geht aber stets um soziales Engagement. Und vor allem geht es darum, Menschen zu helfen. Einer dieser Ansätze wird mit staatlichen deutschen Geldern in Afghanistan verfolgt. In Kabul kümmert sich der deutsche Fußballtrainer Holger Obermann seit 2003 um die Ausbildung des Fußball-Nachwuchses. Rund 4000 Jugendliche sind so bereits an das Fußballspielen herangeführt worden - unter der Herrschaft der Taliban war der Sport noch verboten. Zudem haben Obermann und sein Team 40 junge Afghanen zu Fußball-Nachwuchstrainern ausgebildet.

Dass Kinder und Jugendliche aus Straßenfußball-Projekten auch rein fußballerisch einiges drauf haben, dürfte sich spätestens 2006 zeigen: Im Rahmen der Fußball-WM in Deutschland plant "streetfootballworld" ein internationales Straßenfußball-Turnier.