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Strauss-Kahn räumt "moralischen Fehler" ein

19. September 2011

Ein Fehler, aber keine Straftat, sagt Dominique Strauss-Kahn. Der frühere Chef des Internationalen Währungsfonds äußert sich erstmals öffentlich zu den Vergewaltigungsvorwürfen eines New Yorker Zimmermädchens.

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Strauss-Kahn im Fernsehinterview (Foto: dapd)
Strauss-Kahn im Interview bei TF1Bild: dapd

Der ehemalige Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, hat sich erstmals öffentlich zu den Vergewaltigungsvorwürfen gegen ihn geäußert. Der 62-Jährige entschuldigte sich am Sonntagabend (18.09.2011) in einem Interview des Fernsehsenders TF1 bei seiner Familie und den Franzosen. "Es war ein moralischer Fehler, auf den ich nicht stolz bin", sagte Strauss-Kahn. Er betonte jedoch, dass bei seiner Begegnung mit dem New Yorker Zimmermädchen Nafissatou Diallo weder Gewalt noch Zwang im Spiel gewesen sei. Es habe keine strafbare Handlung, sondern nur eine "unangemessene Beziehung" gegeben. Er bedauere die unbedachte, aber einvernehmliche Liaison mit der Hotelangestellten.

Strauss-Kahn droht neues Verfahren in Frankreich

Rund vier Monate nach seiner Festnahme in den USA war Strauss-Kahn Anfang September nach Frankreich heimgekehrt. Er war Mitte Mai in New York festgenommen worden. Ihm wurde vorgeworfen, das Zimmermädchen in einem Hotel vergewaltigt und zu Oralsex gezwungen zu haben. Das Gericht ließ die Anklage aber Ende August wegen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Frau fallen, die sich der Staatsanwaltschaft zufolge in Widersprüche verstrickt hatte.

Tristane Banon (Foto: dpa)
Tristane Banon hat Strauss-Kahn wegen versuchter Vergewaltigung angezeigtBild: picture-alliance/dpa

Noch sind nicht alle Vorwürfe gegen Strauss-Kahn vom Tisch. Er sieht sich noch immer einer Zivilklage des Zimmermädchens ausgesetzt.

Auch in Frankreich gibt es Vorwürfe gegen ihn. Eine heute 32-jährige Autorin, Tristane Banon, wirft Strauss-Kahn vor, 2003 in einer Pariser Wohnung über sie hergefallen zu sein. Die Justiz hat Vorermittlungen eingeleitet. "Ich bin als Zeuge vernommen worden", sagte Strauss-Kahn am Sonntagabend. Auch in dem Fall habe es keinerlei Aggression gegeben.

Frauenrechtlerinnen protestieren

Frauenrechtlerinnen protestierten vor dem Fernsehstudio (Foto: dapd)
Frauenrechtlerinnen protestierten vor dem FernsehstudioBild: dapd

Vor den TF1-Studios demonstrierten Dutzende Frauenrechtlerinnen gegen das Strauss-Kahn-Interview. Sie kritisierten, dass Opfer von Gewalt- und Sexualverbrechen in der Regel kein Gespräch zur besten Sendezeit bekämen. "Ich habe Respekt für Frauen. Ich verstehe ihre Reaktion", sagte Strauss-Kahn. Er habe für sein Fehlverhalten aber bezahlt und tue dies noch heute.

Strauss-Kahn räumte in dem Interview zudem ein, dass er ursprünglich im nächsten Jahr bei der französischen Präsidentenwahl antreten wollte. "Ich wollte ein Kandidat sein. Ich dachte, ich könnte nützlich sein", sagte er. Nun wolle er sich aber aus den Wahlen heraushalten. Vor seiner Festnahme galt der sozialistische Politiker als ein aussichtsreicher Herausforderer von Präsident Nicolas Sarkozy. Einen kompletten Rückzug aus der Politik kündigte Strauss-Kahn aber nicht an. Er werde sich Zeit nehmen, darüber nachzudenken, ob er in die Politik zurückkehre, so Strauss-Kahn in dem Fernsehinterview. "Aber mein ganzes Leben war dem öffentlichen Wohl gewidmet", sagte er und fügte hinzu: "Wir werden sehen."

Autorin: Annamaria Sigrist (rtr, dpa, dapd, afp)
Redaktion: Julia Elvers-Guyot