1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Steuersünder müssen weiter zittern

Klaus Deuse5. August 2015

Die Staatsanwaltschaft in Bochum hat schon über 6.000 Verfahren gegen Steuerhinterzieher eingeleitet. Für den Fiskus sprangen dabei rund eine Milliarde Euro heraus. Aber noch stehen mehr als 600 kapitale Verfahren aus.

https://p.dw.com/p/1G92Y
Deutschland Symbolbild Steuer CD und Steuererklärung
Bild: Fotolia/Bobo

Dass sie sich im Visier der Ermittler befinden, ist den Betroffenen inzwischen bekannt. Nach den Worten von Staatsanwalt Timo Dörffer sollte den Steuersündern auch bewusst sein, was ihnen am Ende drohen kann, nämlich Haftstrafen wie im Fall des Fußballmanagers Uli Hoeneß, der zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Zum jetzigen Zeitpunkt ließen sich "Freiheitsstrafen, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden, nicht ausschließen", so Dörffer, der für die Bochumer Behörde bundesweit in Sachen Wirtschaftskriminalität ermittelt.

Für den deutschen Fiskus hat sich der Ankauf von gestohlenen Bankdaten aus der Schweiz, Luxemburg und Liechtenstein jedenfalls rentiert. In den vergangenen Jahren hat der Staat mehrfach Datenträger angekauft, die umgangssprachlich auch Steuersünder-CDs genannt werden.

Allein die von den Bochumer Staatsanwälten verfügten Geldauflagen als Bedingung für eine Verfahrungseinstellung spülten bislang 70 Millionen Euro in die Kasse. Diese Geldauflagen richten sich nach der Höhe des jeweils hinterzogenen Steuerbetrages. Es gilt dabei die Devise: Wer viel hinterzogen hat, zahlt auch ordentlich drauf. Und zwar bis zur doppelten Summe der sowieso noch nachzuzahlenden Steuern plus der fälligen Zinsen.

CDs spielen eine Milliarde Euro ein

Zusätzlich klingelten bislang noch etliche weitere Millionen in den Kassen. Drei Banken aus Liechtenstein, Luxemburg und der Schweiz überwiesen Geldbußen in Höhe von über 350 Millionen Euro. Und zwar, so Staatsanwalt Dörffer, aufgrund ihrer erwiesenen tätigen Mithilfe. "Das heißt, dass Mitarbeiter dieser Banken aktiv den deutschen Kunden bei der Steuerhinterziehung in Deutschland behilflich gewesen sind. Gegen die betroffenen Mitarbeiter der ausländischen Banken sind separate Verfahren geführt und gegen Geldauflagen eingestellt worden."

Uli Hoeneß ARCHIV Mai 2014
Uli Hoeneß wurde 2014 zu 3,5 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt und trat als Präsident des FC Bayern München zurückBild: picture-alliance/dpa/Sven Hoppe

Es können noch ein paar Millionen mehr hinzu kommen. Immerhin stehen noch mehr als 600 Verfahren aus. Nicht zu vergessen ist der Kapitalfluss der nachkassierten Steuern, die deutsche Anleger durch die Geldflucht ins Ausland eigentlich sparen wollten. Nach dem bisherigen Stand der Dinge beläuft sich die Gesamtsumme der hinterzogenen Steuern, die durch dieses Bankverfahren eingetrieben wurde, auf einen deutlich dreistelligen Millionenbetrag. Mit Tendenz nach oben, sprich: in Richtung der Milliardengrenze.

Rekordzahl bei Selbstanzeigen

Zahlreiche Verfahren haben die Bochumer Staatsanwälte an Kollegen in anderen Bundesländern abgegeben. Verbunden mit der Maßgabe, dort einen Strafbefehl zu beantragen oder auch Anklage zu erheben. Ein Großteil dieser behördlichen Schreiben ging in den Süden der Republik, erläutert Staatsanwalt Dörffer. "Viele Verfahren gehen nach Baden-Württemberg, aber auch an bayerische Staatsanwaltschaften. Gerade in Baden-Württemberg wohnen viele Leute, die ihr Geld aufgrund der räumlichen Nähe in der Schweiz angelegt haben. Und in Bayern, insbesondere im Großraum München, wohnen einfach sehr viele reiche Leute."

Nicht nur Uli Hoeneß. Die Furcht vor einer strafrechtlichen Verfolgung hat die Zahl der Selbstanzeigen bis zum Ende des vergangenen Jahres bundesweit auf über 40.000 ansteigen lassen. Das sind 60 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Über 9000 Selbstanzeigen verzeichneten die Finanzämter in Baden-Württemberg. In Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, waren es mehr als 7100.

Doch diese späte Flucht nach vorn wird vielfach nicht helfen. Schließlich arbeiten die Bochumer Staatsanwälte die nachweisbaren Fehltritte konsequent ab. Mit Blick auf den derzeitigen Ermittlungsstand geht Staatsanwalt Dörffer davon aus, "dass wir noch anderthalb Jahre gut zu tun haben werden". Für Steuersünder gibt es noch lange keine Entwarnung.