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Hoeneß denkt an Rücktritt

1. Mai 2013

Uli Hoeneß hat sich erstmals ausführlich zu seiner Steueraffäre geäußert und einen Rücktritt von seinen Ämtern beim FC Bayern München nicht mehr ausgeschlossen. Die Schweiz ist zu neuen Steuerverhandlungen bereit.

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Bayern-Präsident Hoeneß beim Champions-League-Spiel in Barcelona (Foto.Getty Images)
Bild: Getty Images

Der Präsident des Deutschen Fußball-Rekordmeisters sagte der Wochenzeitung "Die Zeit": "Wenn ich das Gefühl habe, dass meine Person dem Verein schadet, werde ich Konsequenzen ziehen. Andererseits steht der Verein sportlich und wirtschaftlich so gut da wie nie zuvor - und daran habe ich auch einen großen Anteil. Auf keinen Fall werde ich vor dem Finale der Champions League zurücktreten."

Mitte April war bekanntgeworden, dass Hoeneß eine Selbstanzeige beim Finanzamt wegen Steuerhinterziehung mittels eines Kontos in der Schweiz erstattet hat. Seitdem hat sich das öffentliche Bild des 61-Jährigen vom Bayern-Patriarchen mit Herz und sozialem Wohltäter zum Buhmann und raffgierigen Steuerbetrüger gewandelt. In dem "Zeit"-Interview gestand Hoeneß ein, dass ihm diese Entwicklung schwer zu schaffen mache. "Das ist für mich ein ganz großes Problem. Ich fühlte mich in diesen Tagen auf die andere Seite der Gesellschaft katapultiert, ich gehöre nicht mehr dazu. Ich mache mir natürlich riesige Vorwürfe. Ich habe Riesenmist gebaut, aber ich bin kein schlechter Mensch", beteuerte Hoeneß, der auch erklärte, er verspüre großen Druck und liege nachts schweißgebadet im Bett. Er wolle für seine "große Torheit" einstehen und sie so weit wie möglich korrigieren, betonte der Bayern-Boss.

Gauck: Steuern sind Teil der Verantwortung

In dem Zeitungsgespräch gab Hoeneß auch detaillierter Einblick in seine Börsengeschäfte und stellte sich als Zocker am Rande der Sucht dar. "In den Jahren 2002 bis 2006 habe ich richtig gezockt, ich habe teilweise Tag und Nacht gehandelt, das waren Summen, die für mich heute auch schwer zu begreifen sind, diese Beträge waren schon teilweise extrem. Das war der Kick, das pure Adrenalin", erklärte Hoeneß. Nach dem Platzen der Internetblase am Finanzmarkt habe er schwere Verluste erlitten und sei "richtig klamm" gewesen. Der frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus habe ihn mit Geld unterstützt. "So kamen die Millionen auf das Konto, es war immer klar, das war ein Konto zum Zocken, für nichts anderes", sagte der Bayern-Präsident. Er halte sich nicht für krank, versicherte Hoeneß. "Ein paar Jahre lang war ich wohl nah dran. Aber inzwischen halte ich mich für kuriert", erklärte der frühere Nationalspieler. Er sei "nicht mehr so wie früher auf der ständigen Suche nach dem großen Kick". Zugleich betonte Hoeneß, zwischen seinem Schweizer Konto und dem FC Bayern gebe es keine Verbindung. Zur Höhe der von ihm hinterzogenen Steuern äußerte sich Hoeneß nicht.

Unterdessen hat sich die Schweiz zu neuen Verhandlungen mit Deutschland über ein Steuerabkommen bereit erklärt. Ein von der Bundesregierung ausgehandelter Vertrag war Ende 2012 im Bundesrat am Widerstand von SPD und Grünen gescheitert. Der Schweizer Außenminister Didier Burkhalter sagte jetzt der "Bild"- Zeitung: "Wenn Deutschland nach seiner Ablehnung das Gespräch mit uns suchen will, sind wir offen. Der heutige Zustand mit Zufallsfunden und rechtlich fragwürdigen CD-Käufen ist für beide Seiten unerfreulich." Die Unions-Fraktion begrüßte die Verhandlungsbereitschaft der Schweiz. Aber auch SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hält neue Verhandlungen für möglich.

Der Schweizer Außenminister Burkhalter (Foto: dpa)
Der Schweizer Außenminister BurkhalterBild: picture-alliance/dpa

Hoeneß hatte seine Selbstanzeige eingereicht, nachdem das Steuerabkommen mit der Schweiz geplatzt war. Wäre es in Kraft getreten, hätte er Steuern nachzahlen müssen, wäre aber für den deutschen Fiskus anonym geblieben.

wl/re (dpa, sid)