1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Knappe Parlamentswahl

22. November 2006

Bei den Parlamentswahlen gibt es ein Kopf-an-Kopf Rennen von Christdemokraten und Sozialdemokraten. Eine große Koalition könnte unausweichlich werden.

https://p.dw.com/p/9QAz
Der niederländische Premierminister Jan Peter Balkenende bei der Stimmabgabe
Stimmabgabe: Der niederländische Premierminister Jan Peter BalkenendeBild: AP

In den Niederlanden haben seit Mittwochmorgen (22.11.2006) 10.000 Stimmbüros zur Wahl eines neuen Parlaments geöffnet. Etwa zwölf Millionen Bürger sind berechtigt, über die 150 Sitze in der Zweiten Kammer, der Volksvertretung in Den Haag, zu entscheiden.

Umfragen lassen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden großen Parteien erwarten, dem regierenden Christlich-Demokratischen Appell (CDA) von Ministerpräsident Jan Peter Balkenende und den Sozialdemokraten (PvdA) von Oppositionschef Wouter Bos. Beobachter halten es für wahrscheinlich, dass es zu einer großen Koalition kommt. In Rundfunkspots warben die Parteien noch am Wahltag um Stimmen.

Richtungswahl für Integrationspolitik

Die Abstimmung gilt als Richtungsentscheidung über den künftigen Weg in Asyl- und Integrationspolitik. Balkenende und Einwanderungsministerin Rita Verdonk haben das Einwanderungsrecht in den vergangenen zwei Jahren verschärft. Erst eine Woche vor dem Wahltermin kündigte Verdonk an, Burkas und andere Gesichtsschleier in der Öffentlichkeit verbieten zu wollen. Die Sozialdemokraten kritisierten dies als zu drastisch und kündigten an, tausende illegal im Land lebende Ausländer einbürgern zu wollen. Bos warf den Christdemokraten zudem eine herzlose Sozialpolitik vor.

Ordnung muss sein

Bos wurde am Mittwoch in einen Amsterdamer Wahllokal zunächst die Stimmabgabe verweigert, da er seine Wahlkarte nicht bei sich hatte. Er kehrte später mit seinem Ausweis zurück und durfte wählen. Er rief die Niederländer auf, für die Sozialdemokraten zu stimmen, um Balkenendes Hardline-Politik ein Ende zu setzen.

Bislang verfügen die Christdemokraten über 44 der insgesamt 150 Sitze im Parlament und ihr liberaler Koalitionspartner VVD über 26. Die Sozialdemokraten haben 42 Mandate inne. Deutliche Zugewinne wurden nun vor allem für die Sozialisten erwartet, die bisher neun Abgeordnete stellen. Mit einem historischen Erfolg wird für die Tierschutzpartei PvdD gerechnet, die vermutlich erstmals ins Parlament einziehen wird.

Erste Wahl seit Van Gogh Mord

Die Wahl ist die erste in den Niederlanden seit der Ermordung des Filmemachers Theo van Gogh durch einen muslimischen Fanatiker 2004. Erste Ergebnisse werden unmittelbar nach Schließung der Wahllokale um 21 Uhr erwartet. Das offizielle Endergebnis wird voraussichtlich am Donnerstag verkündet.

Die Wahlbeteiligung dürfte nach Prognosen bei 80 Prozent liegen. In einigen Lokalen in Amsterdam drängten sich schon am frühen Morgen Menschen, die ihre Stimme vor der Arbeit abgaben. "Ich möchte nicht, dass eine linke Koalition die Verantwortung übernimmt", sagte der Bankangestellte Jan Dirk Zwaag. Er habe die ständige Einwanderungsdebatte satt und sei dafür, dass die Christdemokraten im Amt blieben. Eine 30 Jahre alte Künstlerin hingegen sprach sich für die Sozialisten aus. "Ich habe für sie gestimmt, weil sie sich um die ärmeren Leute in der Gesellschaft kümmern", sagte sie. "Ich bin eine davon."

Die von Mai 2007 vorgezogene Wahl ist die dritte binnen vier Jahren. Balkenendes Mitte-Rechts-Koalition ist im Juni auseinandergebrochen. (rri)