Steine, Rätsel, leere Seiten - Was Sie noch nicht über das Übersetzen wussten...
Der 30. September ist der Todestag von Kirchenvater Hieronymus. Warum hat die UN ausgerechnet dieses Datum zum Internationalen Übersetzertag ausgerufen? Das und viele unbekannte Highlights rund ums Übersetzen.
Hieronymus, Schutzpatron der Übersetzer
Der Heilige, der im 5. Jahrhundert nach Christus das Alte Testament vom Hebräischen ins Lateinische übersetzte, gilt als Urvater und Schutzheiliger der Übersetzer in der ganzen Welt. Der Verband deutscher Übersetzer erinnert an ihn mit einem Hieronymusring, der alle zwei Jahre für eine herausragende übersetzerische Leistung weitergegeben wird. 2017 erhielt ihn als 19. Trägerin Gabriele Leupold.
Des Rätsels Lösung
Bei Übersetzungen geht es immer um Schriftdokumente. Der Stein von Rosette aus dem Jahr 196 vor Christus ist einer der bedeutendsten archäologischen Funde. Er lieferte den Schlüssel zur Entzifferung der Hieroglyphen. Auf dem Stein waren Texte in drei verschiedenen Schriften eingemeißelt: Hieroglyphen, Demotisch und Griechisch. Das Griechische war für die Gelehrten leicht zu entziffern.
Das meist übersetzte Buch
Das meist übersetzte Buch ist die Bibel. In 2.527 Sprachen und Dialekte sei sie übertragen, gab der Weltverband der Bibelgesellschaften Anfang 2017 bekannt. Esperanto (Bild) ist natürlich dabei, und selbst die Kunstsprache Klingonisch. Andere sprechen bescheidener von 518, dann aber vollständigen Übersetzungen. Die Bibel ist mit jährlich ungefähr 20 Millionen Exemplaren das meist verkaufte Buch.
Die berühmteste deutsche Übersetzung
Die berühmteste deutsche Übersetzung ist die Lutherbibel. Ihre erste vollständige Übersetzung aus der althebräischen, der aramäischen bzw. der altgriechischen Sprache ins Deutsche erschien 1534 - gedruckt. In seinem "Sendebrief vom Dolmetschen" erklärte Luther seine Auffassung von einem "natürlichen" Deutsch. Seine Übersetzung war maßgeblich für die Standardisierung des Deutschen.
Das meist übersetzte literarische Werk
... ist der Roman "Pinocchio" des Italieners Carlo Collodi. In 260 Sprachen und Dialekten soll es ihn schon geben. Die meist übersetzte Autorin ist Agatha Christie. Eines der besonders häufig übersetzten Werke der Weltliteratur ist das chinesische "Daodejing" (Taoteking), eine kryptische Aphorismensammlung aus der Zeit um 300 v. Chr. Die Übersetzungsergebnisse sind höchst widersprüchlich.
Berühmte Autoren übersetzten
Der Schriftsteller Christoph Martin Wieland trat auch als Übersetzer hervor: Shakespeare, Horaz und Cicero brachte er im 18. Jahrhundert ins Deutsche. Viele bekannte Autoren folgten ihm nach: Ingeborg Bachmann übersetzte G. Ungaretti, Heinrich Böll J. D. Salingers Werke, auch Erich Fried und Michael Hamburger übersetzten Shakespeare, Haruki Murakami und Elfriede Jelinek aus dem Amerikanischen.
Meister ihres Fachs
Viele Übersetzer schrieben auch selbst, doch ihre Übersetzungen gerieten zu Klassikern. Da wäre Erika Fuchs, die für die Disney-Comics eine ganz eigene Sprache erfand, oder Swetlana Geier, die Dostojewski auf Deutsch neu erschuf, der unnachahmliche Pu-der-Bär-Übersetzer Harry Rowohlt (unser Bild), die fantastische Mirjam Pressler und viele, viele weitere Sprachkünstler.
Sprachliche Grenzgänger
Bis an die Grenzen der Sprache gehen manche Autoren. Arno Schmidts Monumentalwerk "Zettel's Traum" etwa gilt als kaum lesbar. Übersetzer wie John E. Woods gehen nicht nur an die Grenzen der Sprache, sondern auch an die ihrer Zeit. Sie opfern viele Jahre ihres Lebens für ein einziges Werk. Auch James Joyce "Ulysses" galt lange als unübersetzbar - bis zu Hans Wollschlägers kongenialer Fassung.
Rätselhafte Quellen
Die Weltliteratur hält noch viele Rätsel bereit - unentschlüsselte Manuskripte, die auch die schlauesten Computer bisher nicht entziffern konnten. Zu den großen Rätseln gehört das Voynich-Manuskript aus dem frühen 15. Jahrhundert - anscheinend eine Rezeptsammlung, die in einer bisher nicht identifizierten Schrift und Sprache geschrieben ist. Viele Gelehrte haben schon versucht, sie zu übersetzen.
Hehre Vorsätze, leere Seiten
Das 'Zehnte Gebot des Übersetzers' gab sich der Verband 1956 auf dem Internationalen Übersetzerkongress in Hamburg: "Du sollst kein Werk übersetzen, das den Krieg verherrlicht oder zu Rassenhass aufruft.“ Aber es gibt auch tatsächlich Bücher mit leeren Seiten. Eines trägt den treffenden Titel "Nothing", hat 192 Seiten und wurde trotz seines fehlenden Inhalts häufig verkauft.