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Steinbrück: Bankenkritiker wird Banker

5. Oktober 2016

Der ehemalige Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück möchte sich noch ein paar Groschen hinzuverdienen und wird Vorstandsberater bei der ING-Diba.

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Peer Steinbrück
Bild: picture-alliance/dpa/B. Thissen

Der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück wird kurz nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag Berater der Bank ING-DiBa. "Ich werde ein Angebot der ING-DiBa annehmen, als Berater des Vorstandes", sagte Steinbrück der Wochenzeitung "Die Zeit" laut Vorabmeldung vom Mittwoch.

Seine Zeit als Finanzminister sei sieben Jahre her, eine Interessenkollision könne er deshalb nicht erkennen, sagte er weiter. Rechtlich gibt es ohnehin keine Probleme, da die Karenzzeit für ehemalige Regierungsmitglieder, die in die Wirtschaft wechseln wollen, nur eineinhalb Jahre beträgt. In dieser Zeit kann die Bundesregierung die neue Beschäftigung untersagen.

Keine Interessenkonflikte

Der frühere SPD-Kanzlerkandidat, Bundesminister und nordrhein-westfälische Ministerpräsident hatte zu Ende September sein Bundestagsmandat niedergelegt und in der vergangenen Woche im Parlament seine Abschiedsrede gehalten. Sein neuer Beraterjob bei der Bank sei durchaus mit seiner häufig geäußerten Kritik an der Praxis vieler Banken vereinbar, sagte Steinbrück.

Zum einen habe die Bank eine lange sozialdemokratische Tradition und sei 1965 von dem damaligen Gewerkschafter und späterem SPD-Minister Georg Leber als Bank für Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand mit gegründet worden. Seit 1994 firmierte sie als Deutsche Direktbank. 1998 stieg die ING mit 49 Prozent ein, 2002 übernahm sie die Mehrheit.

"Konservativ und risikoscheu"

Zum anderen sei die ING-Diba in keine "der in Rede stehenden Verfehlungen oder Manipulationen verwickelt" gewesen und "sehr konservativ und risikoscheu". Zu seiner Kritik stehe er nach wie vor. "Aber ich zweifle nicht daran, dass wir eine Landschaft wettbewerbsfähiger Finanzdienstleister in Deutschland brauchen, die unserer starken Realwirtschaft entsprechen", sagte Steinbrück.

Steinbrück selbst stammt aus einer Bankiersfamilie, einer seiner Vorfahren hat die Deutsche Bank mitgegründet. In die Schlagzeilen geriet er unter anderem, weil er für Reden hohe Honorare kassiert hat.

Erst kürzlich hat der Wechsel eines Politikers in die Bankenbranche hohe Wellen geschlagen: Der frühere Kommissionspräsident José Manuel Barroso ging nach nur zwei Jahren als Berater zur Investmentbank Goldman Sachs. Das hatte unter anderem EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) als "völlig inakzeptabel" bezeichnet.

Neues gibt es auch von der Karriere des Altbundeskanzlers Gerhard Schröder zu berichten. Er hat ein weiteres Spitzenamt in dem Unternehmen übernommen, das den umstrittenen Ausbau der Ostsee-Gaspipeline von Russland nach Deutschland vorantreibt. Schröder sei seit dem 29. Juli Präsident des Verwaltungsrats des Energiekonzerns Nord Stream 2, teilte das Unternehmen am Mittwoch im schweizerischen Zug mit. Nord Stream 2 gehört derzeit zu 100 Prozent dem vom russischen Staat gelenkten Energiekonzern Gazprom.

Schröder ist bereits Aufsichtsratsvorsitzender und Vorsitzender des Gesellschafterausschusses von Nord Stream. Die geplante Erweiterung der Pipeline um zwei zusätzliche Röhren stößt nicht nur in Polen, sondern auch bei der EU auf Kritik, die eine steigende Abhängigkeit Europas von russischem Gas fürchtet. Über das neue Amt von Schröder hatte zunächst der Berliner "Tagesspiegel" berichtet.

wen/zdh (dpa, rtr, afp)