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Steinbrücks neue Außenpolitik

Bernd Gräßler4. Juni 2013

Nein zu Waffenlieferungen nach Syrien, keine Drohnen für die Bundeswehr, strengere Kontrollen für Rüstungsexporte. Der SPD-Kanzlerkandidat stellt sich in die Tradition sozialdemokratischer Friedenspolitik.

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SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück geht im Hörsaal 1 der Freien Universität Berlin in Berlin zum Rednerpult, um zum Thema «Leitlinien sozialdemokratischer Außen- und Sicherheitspolitik» zu sprechen. Foto: Maurizio Gambarini/dpa
Bild: picture-alliance/dpa

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will eine gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik, sonst bleibe Europa "im einflusslosen Schlepptau der USA". Europa sei heute nicht einmal in der Lage, auf die Erwartungen der USA im Rahmen der transatlantischen Partnerschaft zu reagieren. Deutschland allein habe "weder das Gewicht noch die Ressourcen und Reichweite, um selbstständig in zentralen internationalen Fragen agieren zu können", sagte der Sozialdemokrat in einem Vortrag an der Freien Universität Berlin.

Der Dissens um Waffenlieferungen nach Syrien zeige, wie schlecht es um die gemeinsame europäische Außenpolitik bestellt sei. Deutschland müsse sein gesamtes politisches Potential für die Stärkung und Integration Europas einsetzen, ohne eine Führungsrolle zu übernehmen, "auch wenn andere danach rufen." Das historische Gedächtnis der Nachbarn würde empfindlich reagieren.

Auf Nachfrage sprach sich Steinbrück gegen Waffenlieferungen an die Rebellen in Syrien aus, weil dies ein Spannungsgebiet sei und man nicht wisse, in welche Hände sie fielen. Er unterstütze die Bemühungen der Außenminister der USA und Russlands für das Zustandekommen einer zweiten internationalen Syrien-Konferenz.

Damit unterscheidet er sich kaum von der Haltung der Bundesregierung.

"Gespannt, was Obama dazu sagt"

An dieser übte der SPD-Politiker aber harsche Kritik wegen ihres allgemein laxen Umganges mit den Rüstungsexport-Richtlinien. Die Waffenexporte hätten dramatisch zugenommen, auch in Krisenregionen. "Eine Regierung unter meiner Führung wird zur restriktiven Rüstungskontrollpolitik der Regierung Schröder zurückkehren", versprach der Herausforderer Merkels bei der Bundestagwahl im September.

In seiner fast einstündigen Rede bemühte Steinbrück auch mehrmals die Traditionen sozialdemokratischer Entspannungspolitiker wie Willy Brandt und Egon Bahr, die mit ihrer neuen Ostpolitik in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts besonders das Verhältnis Deutschlands zu Russland und Polen verbesserten. Polen sei neben Frankreich der wichtigste Partner Deutschlands, um die Initiative für einen Neubeginn der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik zu ergreifen, sagte Steinbrück.

Er befürwortet auch eine enge Partnerschaft mit Russland, trotz aller Kritik an den dortigen Demokratiemängeln. Ohne Russland seien Probleme wie der Syrien-Konflikt, die Abrüstung oder der Klimaschutz nicht zu bewältigen. Das geplante US-Raketenabwehrsystem in Tschechien und Polen gefährde die Entspannungspolitik, er sei gespannt, was US-Präsident Barack Obama während seines bevorstehenden Besuches in Deutschland dazu sage.

"Dann säßen Sie auf der Straße"

Eine Absage erteilte Steinbrück der Bewaffnung der Bundeswehr mit Drohnen. Die Anschaffung der unbemannten Aufklärungsflugzeuge sei nicht nur ein "haushaltspolitisches Desaster". Er halte die gezielte Tötung von Menschen mit Drohnen für völkerrechtlich höchst fragwürdig.

In der Euro-Krise kündigte Steinbrück einen radikalen Kurswechsel an, sollte die SPD die Regierung übernehmen. Eine von ihm geführte Bundesregierung werde den "eindimensionalen Konsolidierungskurs" beenden, den Deutschland den Krisenländern aufgezwungen habe. Griechenland und Portugal sollten Ausgaben einsparen, die fünf Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung entsprächen. Auf Deutschland übertragen wären das 130 Milliarden Euro in den öffentlichen Haushalten, sagte Steinbrück an die zuhörenden Studenten gewandt: "Dann säßen Sie nicht hier, sondern auf der Straße. Das aber machen wir mit anderen Ländern". Notwendig seien ein "Marshall-Plan" zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Krisenstaaten und ein Sofortprogramm für die Schaffung von 500.000 Ausbildungsplätzen innerhalb von drei Jahren. Die Kosten seien nicht annährend so hoch, wie jene 700 Milliarden Euro, die von den Staaten der Euro-Zone bisher für die Rettung von Banken ausgegeben wurden, betonte der SPD-Politiker.