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Stau auf der Datenautobahn?

Rolf Wenkel/(mik)22. Juli 2002

Nach dem Insolvenzantrag des US-Telefonriesen WorldCom geht die Angst um: Viele Unternehmen befürchten Auswirkungen für ihre Kunden. Denn über die WorldCom-Datenleitungen läuft die Hälfte des weltweiten E-Mail-Verkehrs.

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Größte US-Firmenpleite: der Kollaps vonWorldComBild: AP

Die Dimensionen sind gigantisch. Das Glasfasernetz von WorldCom erstreckt sich über 120.000 Kilometer, der Konzern selbst ist in mehr als 65 Ländern tätig. Zum WorldCom-Imperium gehört auch die Gesellschaft UUNET, die das Telekomunternehmen 1996 übernommen hatte.

Deutsche Top-Unternehmen als Kunden

UUNET wickelt rund die Hälfte des internationalen E-Mail-Verkehrs ab. Auch in Deutschland ist die WorldCom-Tochter aktiv. Gemeinsam mit dem Mutterkonzern baute UUNET ein umfangreiches Angebot nationaler und internationaler Dienstleistungen auf. Offenbar mit Erfolg: Die Kundenliste des deutschen WorldCom-Ablegers liest sich wie ein Who-is-who der deutschen Industrie: Audi, Deutsche Bank 24, BMW, Carl Zeiss, Dresdner Bank, Deutsche Bank, die Deutsche Post, die Deutsche Börse, Thyssen Krupp, Lufthansa, Siemens, SAP und die Touristik Union International, die frühere Preussag AG, gehören dazu.

Zudem betreibt WorldCom in Frankfurt, Düsseldorf und Hamburg eigene Stadtnetze. Ulysses, das deutsche Glasfasernetz des digitalen Kommunikationsdienstleisters, deckt derzeit auf einer Länge von rund 3.100 Kilometern alle wichtigen Wirtschaftsregionen in Deutschland ab. Über sein UUNET-Internet-Netzwerk bietet WorldCom in Deutschland eine Versorgung mit mehr als 90 Internet-Zugangspunkten

Entwarnung durch WorldCom-Chef

Doch gehen für WorldCom-Kunden nach dem Insolvenzantrag des Konzerns jetzt die Lichter aus? WorldCom-Chef John Sidgemore hatte am Sonntagabend (22. Juli 2002) beim Gang zum Konkursrichter in New York beruhigende Worte parat: Der Antrag auf Gläubigerschutz werde keinerlei Auswirkungen auf das internationale Geschäft von WorldCom haben, versicherte er. Außerdem wies er Befürchtungen zurück, die Pleite des Unternehmens mit 20 Millionen Kunden könne zu Beeinträchtigungen bei Telefon- und Internetdiensten führen.

Auch die Experten der US-Beratungsgesellschaft Gartner-Group beruhigen: Ein Black-Out bei Internet-Verbindungen sei nicht zu erwarten, betonten die Experten in San Francisco. Allerdings könne es durch die bereits seit längerem angekündigte Entlassung von rund 17.000 WorldCom-Mitarbeitern zu Qualitätseinbußen kommen. Deshalb empfiehlt Gartner direkten Kunden von WorldCom und der MCI Group, einer weiteren WorldCom-Tochter, sich nach alternativen Anbietern umzusehen.

Gigantischer Schuldenberg

WorldCom verfügt über einem Stamm von mehr als 20 Millionen Telefon- und Tausenden von Firmenkunden und erzielt einen Jahresumsatz von 35,2 Milliarden Dollar - allerdings ist der Konzern auch mit Schulden in gleicher Höhe belastet. Nach Angaben von WorldCom-Chef Sidgmore erhielt die Gesellschaft von mehreren Finanzinstituten einen Übergangskredit von zwei Milliarden Dollar. Damit verfüge das Unternehmen in der Sanierunsphase über genügend Mittel.

Nicht nur europäische Kunden, auch Gläubiger aus Europa sind vom Kollaps des Telekomkonzerns betroffen. Mit einem Engagement von 1,01 Milliarden Euro ist die Deutsche Bank offenbar der größte europäische WorldCom-Gläubiger. Diese Summe geht aus dem am Sonntag von WorldCom eingereichten Antrag auf Gläubigerschutz hervor. Die Deutsche Bank gab zu ihrem Engagement bei WorldCom bislang keine Stellungnahme ab. Dagegen reagierte die Aktie der Deutschen Bank mit einem deutlichen Abschlag auf die Nachricht.