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Stasi hatte Neonazis scharf im Visier

6. August 2015

Die Staatssicherheit der DDR hatte nach neuesten Erkenntnissen die rechtsextreme Szene im Westen viel stärker unterwandert als bislang bekannt. Dafür hatte der Geheimdienst - aus seiner Sicht - triftige Gründe.

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Symbolbild - Neonazi (Foto: Getty Images)
Bild: Getty Images

Die Stasi hat die rechtsextreme Szene in der Bundesrepublik offenbar noch viel stärker unterwandert als bislang bekannt. Nach Erkenntnissen der Stasi-Unterlagenbehörde führte das Mielke-Ministerium mindestens 42 Inoffizielle Mitarbeiter (IM) unter westdeutschen Neonazis und in deren unmittelbarem Umfeld, wie die "Berliner Zeitung" berichtet. Mit rund 30 weiteren Rechtsextremisten stand der DDR-Geheimdienst im Kontakt und bereitete ihre Anwerbung als Spitzel vor. Hinzu kamen vier weitere Informanten, die einen loseren Kontakt zum Ministerium für Staatssicherheit (MfS) unterhielten.

Zugleich V-Leute des westdeutschen Verfassungsschutzes

Die Stasi-Informanten in der westdeutschen Neonaziszene wurden dem Bericht zufolge von der für Terrorabwehr zuständigen Hauptabteilung XXII/1 geführt und zumeist in den 80er Jahren angeworben. Die IM berichteten über Aktivitäten von gewalttätigen Nazigruppen und deren Mitgliedern in der Bundesrepublik, in Österreich und Südtirol. Einige dieser IM seien gleichzeitig V-Leute des westdeutschen Verfassungsschutzes gewesen und konnten der Stasi so Einblick in dessen Arbeit geben.

Die ehemalige Stasi-Zentrale in der Ruschestraße in Berlin (Foto: picture-alliance/dpa)
Die ehemalige Stasi-Zentrale in der Ruschestraße in BerlinBild: picture-alliance/dpa

Mit Hilfe der Spitzel wollte die Stasi Anschläge gegen die innerdeutsche Grenze verhindern. Entsprechende Pläne seien in den rechtsextremen Gruppen immer wieder im Gespräch gewesen und zum Teil auch umgesetzt worden, heißt es. Daneben wollte das MfS verhindern, dass die in den späten 1980er Jahren stärker werdende rechte Szene in der DDR ihre Verbindungen zu Gleichgesinnten ausbaut.

Akten weiter für Ermittlungen zu Oktoberfest-Attentat wichtig

Weitere Informationen aus der bundesdeutschen Neonazi-Szene hätten zudem Westspione der für Auslandsaufklärung zuständigen Stasi-Hauptverwaltung A (HVA) geliefert. So habe ein HVA-Agent seit 1978 unter anderem über die militante Wehrsportgruppe Hoffmann berichtet. Allerdings wurden die HVA-Akten im Herbst 1989 weitgehend vernichtet.

Nach dem Anschlag auf das Münchner Oktoberfest am 26. September 1980 (Foto: picture-alliance/dpa)
Nach dem Anschlag auf das Münchner Oktoberfest am 26. September 1980Bild: picture-alliance/dpa

Die im Stasi-Archiv noch vorhandenen Akten über die Neonazi-Spitzel könnten auch für die aktuellen Ermittlungen der Bundesanwaltschaft zu möglichen Drahtziehern und Mittätern des Oktoberfest-Attentats von Belang sein, heißt es. Bei dem von einem Rechtsextremisten am 26. September 1980 verübten Bombenanschlag starben 13 Menschen, 211 wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt.

sti/rb (afp, dpa, epd)