Schuldenschnitt kann kommen
9. März 2012Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos ist mit der erreichten Quote beim Schuldenschnitt für Anleihen nach griechischem Recht dennoch nicht zufrieden. Er will nach Informationen griechischer Medien die übrigen Gläubiger zwingen, sich ebenfalls zu beteiligen. Die sogenannten "Collective Action Clauses" werden dazu aktiviert, die das griechische Parlament erst kürzlich beschlossen hatte. Damit würden 177 Milliarden Euro an alten Staatsanleihen nach griechischem Recht in neue Anleihen umgetauscht. Bei diesem Schuldenschnitt müssen die Gläubiger nominell auf über 70 Prozent ihres eingesetzten Kapitals verzichten.
Die übrigen Anleihen, die nach internationalem Recht ausgegeben wurden, haben ein Volumen von 29 Milliarden Euro. Hier betrug die Beteiligungsquote nach Mitteilung des Finanzministeriums in Athen nur 69 Prozent. Deshalb wurde die Umtauschfrist für diese Anleihen, die auch von großen Hedgefonds gehalten werden, noch einmal bis zum 23. März 2012 verlängert. Die angestrebte Gesamtsumme für den Schuldenerlass von 107 Milliarden Euro ist also noch nicht erreicht.
Euro-Finanzminister entscheiden über neue Hilfen
Die Finanzminister der Eurozone verständigten sich am Freitagnachmittag (09.03.2012) in einer Telefonkonferenz über das weitere Vorgehen im Zusammenhang mit dem Schuldenerlass für Griechenland. Sie haben entschieden, bis zu 35,5 Milliarden Euro freizugeben. Der Betrag ist zur Finanzierung des Schuldenschnitts vorgesehen.
Der Europäische Rettungsfonds EFSF garantiert für die neuen Staatsanleihen, die den privaten Gläubigern zum Umtausch angeboten werden. Die 35,5 Milliarden Euro sind Teil des insgesamt 130 Milliarden Euro umfassenden zweiten Hilfspakets für Griechenland, um das in den vergangen Wochen heftig gerungen wurde. Nachdem die EU-Finanzminister die Bedingungen für weitere Hilfen als erfüllt betrachten, kann nun auch das Verfahren zur Freigabe dieses Betrags beginnen.
Griechische Banken müssen gestützt werden
In der kommenden Woche wollen sich die Finanzminister der Euro-Gruppe erneut mit Griechenland beschäftigen. Dann soll auch über die Freigabe der übrigen 94,5 Milliarden aus dem Gesamt-Hilfspaket von 130 Milliarden Euro entschieden werden.
Damit die griechischen Banken den Schuldenerlass überhaupt überstehen können, brauchen sie frisches Eigenkapital. Dieses Eigenkapital für die Sanierung der Banken besorgt sich der griechische Staat als neuen Kredit beim europäischen Rettungsfonds EFSF. In einer Analyse der Ratingagentur Moody's heißt es, das griechische Bankensystem verliere mit dem Schuldenerlass praktisch sein komplettes Eigenkapital.
Den Kapitalbedarf des griechischen Bankensektors schätzt Moody's auf rund 40 Milliarden Euro. Dem Schuldenschnitt folgt also eine Bankenrettung auf dem Fuße. Schwer vorherzusagen ist, wie die Börsen und Finanzmärkte reagieren werden. Die Kurse für die neuen Staatsanleihen und Banken könnten kommenden Montag (12.03.2012) unter Druck geraten.
Autor: Bernd Riegert/Beatrix Beuthner
Redaktion: Andrea Lueg