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Start in eine bessere Zukunft für Nahost?

Bettina Marx, Tel Aviv29. Dezember 2004

Der Wahlkampf hat begonnen. Die Palästinenser werden am 9. Januar einen neuen Präsidenten wählen. Ein Stimmungsbericht aus Tel Aviv.

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Israelische Soldaten bewachen palästinensische GebieteBild: AP

In weniger als zwei Wochen schon (9.5.2005) soll der Nachfolger von Jassir Arafat an die Spitze der palästinensischen Autonomiebehörde gewählt werden. Und es wäre eine große Überraschung, wenn es nicht Mahmud Abbas wäre, der den Sieg davon tragen wird. Sein Status als neuer PLO-Chef ist so unangefochten und sein Vorsprung in den Meinungsumfragen so gewaltig, dass ein anderes Ergebnis undenkbar erscheint.

Wunsch nach Demokratisierung

Mahmoud Abbas und Ahmad Qureia
Abbas (links) mit dem palästinensischen Premierminister KureiaBild: AP

Gerade deswegen aber warnt man in Abbas Umgebung vor zu großer Selbstsicherheit. Wenn die Wahl ohnehin schon vorher entschieden ist, so die Befürchtung, könnten viele Wähler am Wahltag darauf verzichten, ihre Stimme abzugeben. Eine geringe Wahlbeteiligung aber wäre kein gutes Zeichen für die gewünschte und angestrebte Demokratisierung der palästinensischen Gesellschaft.

Maskierter Hamas Anhänger
Unterstützung aus dem Volk für die Hamas? Maskierter Anhänger der radikal-islamischen BewegungBild: AP

Die Präsidentschaftswahl soll nur der Auftakt sein. Die Wahlen zum palästinensischen Legislativrat, dem Parlament der Autonomiegebiete, sollen im Frühjahr oder Sommer folgen. Sie dürften wirklich spannend werden, denn dann wollen sich auch Kandidaten der radikal-islamischen Hamas-Bewegung zur Wahl stellen. Dann wird deutlich, wie sehr sich die Bevölkerung inzwischen von ihrer als korrupt empfundenen Führung entfernt hat.

Große Hoffnungen

Die Palästinenser erhoffen sich von den Wahlen den Beginn einer neuen Ära, transparente politische Strukturen, eine demokratischere Gesellschaft und eine bessere Ausgangsposition für die Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit Israel. Die israelische Regierung setzt ihre Hoffnungen ebenfalls auf eine neue, demokratisch gewählte Führung in Ramallah. Zumindest solange diese neue Führung den israelischen Forderungen entspricht und "den Terror und die Hetzkampagne gegen Israel" stoppt.

Außenminister Silvan Schalom machte unmissverständlich deutlich, wie hoch Israel die Messlatte anlegt. Er kritisierte die Rede von Mahmud Abbas zum Beginn seines Wahlkampfs als nicht akzeptabel. Abbas hatte erklärt, dass der Rückzug aus dem Gazastreifen und einem kleinen Teil des Westjordanlandes nicht ausreiche. Israel müsse sich aus allen besetzten Gebieten zurückziehen.

Beschränkte Haftung

Wenn palästinensische Politiker solche Selbstverständlichkeiten nicht äußern dürfen, ohne von Israel des Extremismus' verdächtigt zu werden, dann ist es um eine bessere Zukunft des Nahen Ostens schlecht bestellt. Bei allen Hoffnungen, die sich mit den bevorstehenden Wahlen verbinden, darf nicht vergessen werden: Am 9. Januar wählt eine Bevölkerung, die seit 37 Jahren unter Besatzung lebt, die seit Jahren in kleinen Enklaven eingesperrt ist, die sich nicht frei bewegen und nicht frei entfalten kann. Diese Bevölkerung wählt eine Autonomieverwaltung mit beschränkter Haftung und keine souveräne Regierung eines anerkannten Staates. Es gehört viel Optimismus dazu, unter solchen Umständen auf eine bessere Zukunft zu hoffen.