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Stars mit Sternchen

Kathrin Schrage28. Mai 2014

Bis auf Miroslav Klose sind alle aktuellen Nationalspieler in einem Nachwuchs-Leistungszentrum ausgebildet worden. In Deutschland gibt es momentan 50 solcher Einrichtungen, deren Qualität ständig überprüft wird.

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Deutsche Fußballschule
Bild: picture-alliance/dpa/Uwe Schaffmeister/Deutsche Fußballschule

Sterne stehen im Fußball für Erfolg, Ruhm und Ehre. Offenkundig schmückt das Symbol die Trikots erfolgreicher Mannschaften. So wie der Meisterstern, der erstemals Ende der 1950er Jahre das Jersey von Juventus Turin für zehn gewonnene Meistertitel in Italien zierte.

Seit acht Jahren werden auch Sterne für die Arbeit der Nachwuchsleistungszentren in Deutschland vergeben. Nachdem der deutsche Fußball um die Jahrtausendwende überaltert war und am Boden gelegen hatte, wurde damals ein großflächiges Talentförder-Programm auf die Beine gestellt. Neben der Einrichtung zentraler Förder- und Stützpunktmaßnahmen der Landesverbände wurden alle Vereine der 1. und 2. Bundesliga seit 2004 zum Aufbau eines Leistungszentrums verpflichtet. Ein von DFB und DFL beauftragtes Unternehmen überprüft in regelmäßigen Abständen die Jugendarbeit der Clubs.

Drei Sterne für gute Ausbildung

Wenngleich die fußballerische Ausbildung nach wie vor das "Herzstück" der Qualitätsüberprüfung darstellt, geht es mittlerweile um weit mehr: Erst wenn auch die Aspekte Organisation, Personal, Infrastruktur, Strategie, Kommunikation, Unterstützung und Effektivität gewährleistet sind, entspricht die Nachwuchsarbeit den Anforderungskriterien. Der DFB, weltweit der größte Fußballverband, hat sich auf die Fahne geschrieben: "Die Optimierung der Ausbildungsstrukturen ist eine Daueraufgabe." Nach einem komplizierten Bewertungsschlüssel erhalten die Leistungszentren bei der Zertifizierung ihr Ergebnis und im optimalen Fall die beste Auszeichnung: "Drei Sterne".

Auch Manuel Neuer, Mats Hummels und Mario Götze sind ganz normale Jungs, die gerne gegen den Ball treten, als sie sich im Grundschulalter einem Verein anschließen. So wie bundesweit etwa zwei Millionen weitere Kicker unter 18 Jahren. Das Talent und die richtigen Gene sind zweifelsfrei vorhanden bei den heutigen deutschen Stars – doch sie alle landen auch früh in einem Leistungszentrum. Allein die Trainingshäufigkeit und die von gut ausgebildeten Trainern sehr abwechslungsreich gestalteten, zielorientierten Übungseinheiten bringen die Kleinen extrem voran. Hinzu kommen perfekte Bedingungen, bestes Material und Mitspieler, die die gleiche Klasse haben.

Deutschland Fußball WM Mario Götze im DFB-Trainingslager in Südtirol
Eben noch im Ausbildungszentrum von Borussia Dortmund, bald bei der WM in Brasilien: Mittelfeld-As Mario GötzeBild: DW/J. Weber

Früher auf höchstem Niveau

Deutschland genießt weltweit mittlerweile einen exzellenten Ruf in Sachen Ausbildung und Förderung. Delegationen aus fremden Ländern bilden sich in Deutschland weiter und wollen wissen, wie Deutschland seine "Generation Özil-Götze-Reus" ausbildet. Eben jene zeigt, dass deutsche Spieler jetzt früher in der Lage sind, auf höchstem Niveau zu spielen.

Seit Anfang der 1990er Jahre hat sich der Altersdurchschnitt deutscher Spieler in der Liga und auch in der Nationalmannschaft um fast vier Jahre auf 25 Jahre verringert. Spielfreude, Aktivität und Leichtigkeit verquicken sich mit den einst bekanntesten deutschen Tugenden Kampfbereitschaft und Siegeswille. "Technische, taktische und koordinative Fertigkeiten auf höchstem Niveau zählen eher zu den Grundvoraussetzungen. Später werden dann Wille oder Neugier ausgebildet", sagt Ulf Schott, Direktor beim DFB und zuständig für die Angelegenheiten des Nachwuchsfußballs.

Entwicklung der Spielerpersönlichkeit

Der gesellschaftliche Wandel der letzten zwei Jahrzehnte schlägt sich auch auf den deutschen Fußballnachwuchs und dessen Ausbildungszentren nieder. "Mittlerweile verfügen die meisten Leistungszentren in allen Altersklassen über sehr gute Trainer. Jetzt liegt der Fokus mehr auf gut funktionierenden Kooperationen mit den Schulen und auf der Persönlichkeitsbildung der Spieler", erklärt Rainer Kubern vom Leistungszentrum des 1. FC Köln, der mitten in den Vorbereitungen für die dritte Zertifizierung steckt. Von Beginn an mit dabei, erkennt der Leiter der Nachwuchs-Geschäftsstelle deutliche Neu-Anforderungen an die Vereine. "Es wird mittlerweile ein hauptamtlicher Pädagoge und ein Psychologe gefordert. Zudem müssen Informationsveranstaltungen, beispielsweise zu den Themen Wettmanipulation, Doping und Umgang mit sozialen Medien, nachgewiesen werden."

Durch die höheren psychischen und physischen Belastungen ist diese ganzheitliche Ausbildung unverzichtbar geworden. Ein Teenager, der in einer Bundesliga-Nachwuchsmannschaft spielt, absolviert etwa fünf bis sieben Trainingseinheiten pro Woche, plus Meisterschafsspiel am Wochenende. Ein gestandener Profi trainiert nicht mehr, muss aber nicht mehr die Schulbank drücken. Ganz zu schweigen davon, dass von einem Fußball-Profi medial geprägten Zeitalter einfach erwartet wird, dass er sich, ob Freude oder Frust, adäquat und professionell verhält und äußert. Das erfordert Selbstsicherheit und Souveränität.

Die aktuellen Spieler der deutschen Nationalmannschaft haben diese Ausbildungsaspekte in ihren Nachwuchsleistungszentren vermittelt bekommen. Einzig Miroslav Klose hat während seiner Juniorenzeit nicht in einem lizenzierten Verein gespielt. Gegen einen weiteren Stern auf seinem Trikot aber hat wohl auch der älteste Spieler im DFB-Kader nichts einzuwenden.