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Erinnerungen an einen großen Song

Jens Thurau12. April 2016

"Stairway To Heaven" von Led Zeppelin war womöglich geklaut, von einer weniger bekannten Band. Darüber muss jetzt in den USA ein Gericht entscheiden. Für Jens Thurau weckt der Song trotzdem unvergessliche Erinnerungen.

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Großbritannien Musik Band Led Zeppelin Robert Plant und Jimmy Page
Robert Plant und Jimmy Page. Alles nur geklaut? Mir macht das nichts aus, im GegenteilBild: picture-alliance/dpa

Also, zunächst mal ein paar grundlegende Sachen für alle Nachgeborenen ("Basics" heißt das ja heute): "Stairway To Heaven" ist satte acht Minuten lang. Und Led Zeppelin ist eigentlich eine Hardrock-Band, die wie alle Hardrock-Bands richtig gut ist, wenn sie Balladen spielt. Es gibt eine lange Gitarren-Einleitung mit den weltbekannten Akkorden von Jimmy Page, die den Song wesentlich durch die erste Hälfte tragen. Warum das wichtig ist, kommt gleich. Zwischendurch beginnt Robert Plant zu singen (Minute 0:53), was in diesem Kontext eher unwichtig ist. Der Song steigert sich immer mehr, bei 4:17 setzt John Bonhams Schlagzeug ein, ab 6:45 ist "Stairway To Heaven" dann eine richtig harte Nummer. Soweit die Fakten.

Partys zwischen Holzpaneelen

Damals in den 1970ern gehörte der Song zum Pflichtprogramm aller Partys. Die fanden meist in den Kellerräumen der elterlichen Häuser statt. Partykeller einzurichten gehörte damals zum guten Ton. Holzpaneele waren schwer in Mode, Holzdecken auch, meist gab es einen kleinen Tresen. Partykeller sahen ein bisschen aus wie traditionelle deutsche Kneipen, etwas zeitgemäßer vielleicht. Zu trinken gab es Cola und höchstens mal verschämt eine Erdbeerbowle (mehr Erdbeer als Bowle).

Die Musik kam vom Band oder vom Plattenteller. Jeder brachte seine eigenen Platten mit, weshalb ich immer noch Alben zuhause habe, die die Pril-Blume tragen, einen kleinen Aufkleber, den man von den Geschirrspülflaschen der Marke Pril abziehen konnte und die sehr populär waren. Ich benutzte sie, damit ich meine Platten am Ende der Party wiederfand.

4:17 Minuten Zeit für die große Liebe

Ziel der Party war es, mit den tollsten Mädchen aus der Schule anzubändeln, wofür sich das "Gammeln" am besten eignete, anderenorts auch "Klammerblues" genannt. Als Tanz getarnt, stand man zu zweit engumschlungen im Raum, ein Streicheln über verbotene Zonen hier, ein beherzter Griff dort, und das alles zu ruhiger, möglichst emotionaler Musik. "Stairway To Heaven" gehörte zu diesen Songs. Und das war ein Problem. Jedenfalls für mich.

DW-Mitarbeiter Jens Thurau
Bis 4:17 Minuten bestand damals noch Hoffnung: DW-Korrespondent Jens Thurau heuteBild: DW/D. Engels

Um mit den tollsten Mädchen nämlich irgendwie weiter zu kommen, hatte man nur Zeit bis Minute 4:17. Danach wurde die Umarmung meist gelöst, und alle begannen, wie wild solo weiter zu tanzen. "Flippen" hieß das damals, heute ist das in "Headbanging" umbenannt worden. Ich erinnere mich (durchaus ambivalent), dass ich schwer in Karin verliebt war (Name geändert, es wäre schrecklich, wenn Karins wahre Identität hier öffentlich würde). Zunächst klappte alles ganz gut, eng war die Umarmung, verführerisch der Duft, verboten mehr als nur eine Zone. Robert Plant sang etwas von einer Dame, die sich eine Treppe zum Himmel kaufte, aber dann setzte eben das Schlagzeug ein, und weg war Karin, beteiligte sich auch nicht am Flippen (Headbanging) und tauchte von da an nie wieder entscheidend in meinem Leben auf. Chance verpasst.

Also: Geschieht euch recht!

Mehr als einmal habe ich mir seitdem gewünscht, Led Zeppelin hätten es bei den ersten vier Minuten belassen und diesen Part auf - sagen wir - 15 Minuten verlängert, wer weiß, wie mein Leben dann verlaufen wäre. So gesehen geschieht es einer der größten Bands aller Zeiten recht, falls sie den Plagiatsprozess jetzt verliert.