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Stahlkrieg fordert die EU heraus

6. März 2002

Die Europäische Union wird gegen die von den USA angekündigten Schutzzölle auf Stahlimporte Klage bei der Welthandelsorganisation einreichen. Für die Zölle gibt es nach Ansicht der EU-Kommission keine Rechtsgrundlage.

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Weniger Konkurrenz durch Zölle für die schwache US-StahlbrancheBild: AP

Deshalb werde man von der WTO eine Verurteilung der USA verlangen, kündigte der für den Außenhandel zuständige EU-Kommissar Pascal Lamy an. "Die Maßnahme steht in direktem Widerspruch zu den Regeln der WTO", sagte er nach einer Beratung der Brüsseler Behörde. Schutzzölle kämen ausschließlich bei einer Steigerung des Imports in Frage. Der US-Stahlimport sei aber seit 1998 um 33 Prozent gesunken, die EU habe dagegen in derselben Zeit 18 Prozent mehr Stahl eingeführt. Für die Entscheidung Washingtons gebe es daher weder eine rechtliche noch eine wirtschaftliche Basis.

Schutz der europäischen Stahlindustrie

"Wir werden jetzt alles tun, um unsere Industrie zu schützen", betonte der EU-Kommissar. Dabei werde sich die EU aber an die internationalen Vereinbarungen halten. Aus der EU stammten rund 25 Prozent der US-Stahlimporte. Die Hälfte dieser Menge werde von den Schutzzöllen betroffen, sagte Lamy. Nun sei mit einer Umlenkung der Stahlströme innerhalb Europas zu rechnen.

Bundeskanzler Gerhard Schröder, der britische Premierminister Tony Blair und der französische Präsident Jacques Chirac kritisierten die geplanten Zölle ebenfalls. Schröder nannte die Schutzzölle ein falsches Signal für eine weitere erfolgreiche Liberalisierung des Welthandels.

Unterdessen zeigte sich die Vertretung der deutschen Stahlindustrie "enttäuscht und besorgt" über die US-Schutzzölle. Der EU-Stahlmarkt müsse nun so schnell wie möglich vor einem weiteren Anstieg von Einfuhren aus Drittländern geschützt werden, die ihren Stahl nicht mehr in den USA absetzen könnten, forderte Verbandspräsident Dieter Ameling in einem Interview mit DW-TV Die von der EU und der Bundesregierung angekündigte Beschwerde bei der WTO sei nicht ausreichend. "Zwar werden wir diese Klage mit Sicherheit gewinnen, aber es wird Monate in Anspruch nehmen, bis es zu einem Urteil kommt", sagte Ameling. So lange könne die europäische Stahlindustrie jedoch nicht warten.

Kritik aus Japan und Russland

Auch in Japan sowie den wichtigen Stahlproduzenten Russland, Südkorea und Brasilien stießen die US-Pläne auf Widerstand. Japan kündigte ebenfalls Beschwerde bei der WTO an und bezeichnete die angekündigten Zölle als Verstoß gegen internationale Handelsregeln.

Russland rechnet mit hohen Einbußen für die eigene Stahlindustrie durch die Schutzzölle. Ministerpräsident Michail Kasjanow nannte die Zölle ungerecht und bezifferte den Schaden für russische Exportunternehmen auf 400 Millionen Dollar. Allerdings sei die Ankündigung von Präsident George W. Bush in Verbindung mit der Stabilisierung der US-Wirtschaft in der momentan schwierigen Situation zu sehen. Deshalb betrachte er die Schutzzölle "nicht als Schritt, der zu einem Handelskrieg führt", sagte Kasjanow nach Angaben der Nachrichtenagentur Itar-Tass.

US-Präsident Bush hatte am Dienstag Schutzzölle von acht bis 30 Prozent auf große Teile der Stahleinfuhren in die USA angekündigt, um die heimische Industrie zu schützen. Sie sollen ab dem 20. März zunächst für drei Jahre gelten. (mik)