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Staatstrauer in Paraguay nach Brandkatastrophe

4. August 2004

Bei einem Feuer in einem Einkaufszentrum in Asuncion, der Hauptstadt von Paraguay, sind mehr als dreihundert Menschen ums Leben gekommen. Viele starben, weil die Türen des Gebäudes verschlossen wurden.

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300 Menschen wurden zum Teil schwer verletztBild: ap
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Abtransport der TotenBild: ap

Die Zahl der Toten wurde am Montagmittag (2.8.2004) von der örtlichen Feuerwehr mit 311 angegeben. Sie könne jedoch noch steigen, da die Bergungsarbeiten nur langsam vorangingen und noch nicht alle Opfer gefunden seien, sagte Polizeisprecher Santiago Velazco. Etwa 300 weitere Menschen seien verletzt worden. Präsident Nicanor Duarte kündigte eine dreitägige Staatstrauer an.

Das Feuer war am Sonntag in der Mittagszeit (Ortszeit) in dem stark besuchten Einkaufszentrum ausgebrochen. Nach Behördenangaben löste vermutlich die Explosion eines Gasbehälters in einem Fastfood-Restaurant des Supermarkts das Feuer aus.

Eingesperrt

Zum Zeitpunkt des Unglücks waren Schätzungen zufolge bis zu 700 Menschen in dem Gebäudekomplex, in dem sich unter anderem mehrere Fast-Food-Restaurants, Büros, ein Supermarkt und ein Parkhaus befinden. "Es regnete Feuer, als ich gerade an der Kasse bezahlte", sagte ein 23-jähriger Student. "Wie durch ein Wunder kam ich raus, bevor sie die Türen schlossen."

Mehrere Zeugen erhoben schwere Vorwürfe gegen Angestellte des Einkaufszentrums, die wegen des Feuers Türen zugesperrt hätten, um Kunden daran zu hindern, ohne zu bezahlen zu gehen. Die Überlebende Rosa Resquin berichtete, jemand habe "Schließen! Schließen!" und "Niemand geht, ohne zu bezahlen" gerufen. "Sie schlossen die Türen vor unserer Nase", sagte die 17-jährige Patricia Benitez, die mit Verbrennungen zweiten Grades ins Krankenhaus eingeliefert wurde.

Ein Sprecher der Feuerwehr sagte, dass die Feuerwehrleute die Türen des Einkaufszentrums verschlossen vorgefunden hätten. Die meisten Menschen seien an Rauchvergiftung gestorben. "Wenn sie sie rausgelassen hätten, wäre das nicht passiert."

Haftbefehl

Der Eigentümer des Einkaufszentrums, Juan Pio Paiva, wurde festgenommen. Laut Velazco beteuerte er, jeder hätte den Supermarkt verlassen können. Es gebe jedoch mindestens 20 Zeugen, die das Gegenteil behaupteten. "In den 36 Jahren meines Berufslebens habe ich so etwas noch nicht gesehen, tote Leute wie eingefroren, verzweifelte Gesichter, verzweifelt darüber, nicht raus zu können, um ihr Leben zu retten", sagte Velazco. Untersuchungsrichter Edgar Sanchez bereitete nach eigenen Angaben einen Haftbefehl gegen Paiva vor, der wegen Totschlags angeklagt werden solle.

Laut Augenzeugen war in einer Restaurantküche eine Gasflasche explodiert, bevor das Feuer rasend schnell um sich griff. Es habe mehrere Verpuffungen gegeben. Das unter anderem aus Aluminium und Holz gebaute Dach fing laut Feuerwehr rasch Feuer. Im Innern des Einkaufszentrums würden noch zahlreiche Tote vermutet, sagte Velazco.

Innenminister Orlando Fiorotto hatte zuvor ebenfalls Befürchtungen geäußert, dass mehr als 250 Menschen ums Leben gekommen sein könnten. Präsident Duarte sicherte noch am Unglücksort den Angehörigen der Opfer, aber auch den Polizisten und Feuerwehrleuten seine Unterstützung zu. "Dies ist ein Augenblick größten Schmerzes", sagte der Präsident angesichts der Tragödie.

Hilfe angeboten

Die Behörden in der argentinischen Grenzprovinz Formosa boten medizinische Hilfe an. Für Verletzte wurden in den benachbarten Krankenhäusern mehr als 50 Betten bereitgehalten. Die Luftwaffe stellte eine Transportmaschine zur Verfügung. Argentinische Ärzte und Krankenhausmitarbeiter machten sich auf den Weg ins Nachbarland, um bei der Versorgung der zum Teil schwer verletzten Opfer zu helfen. "Solidarität kennt keine Grenzen", sagte der Entwicklungsminister der Provinz, Anibal Gomez. Bei einem ähnlich schweren Großbrand in einem Einkaufszentrum in der peruanischen Hauptstadt Lima waren am 29. Dezember 2001 274 Menschen getötet worden. (mas)