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Staat im Fußball-Staate

5. Februar 2010

Die Vertragsverlängerung mit Bundestrainer Löw und seinem Stab ist geplatzt. Teammanager Bierhoff ist übers Ziel hinausgeschossen, findet Deutsche Welle-Sportredakteur Stefan Nestler.

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Wir sind alle Freunde, wir verlängern Verträge per Handschlag, wir ziehen an einem Strang - von wegen. Die Idylle rund um die Nationalmannschaft war nur ein Wintermärchen. Die Realität sieht anders aus. Es brodelt und zischt in der Chefetage des Deutschen Fußball-Bundes. Dem Vernehmen nach haben Bundestrainer Joachim Löw, Teammanager Oliver Bierhoff und ihr Stab Bonuszahlungen in Höhe eines Jahresgehalts gefordert. Das sollte erstens nicht allzu sehr verwundern. Schließlich wird im Fußball-Profizirkus regelmäßig mit Millionensummen nur so herumgeworfen. Zweitens, das lehrt uns die Wirtschaft seit langem, hört die Moral auf der Managerebene meist auf. Und drittens hätte sich der DFB wohl in irgendeiner Form auf die Boni eingelassen.

De facto zwei Chefs

Stefan Nestler (Foto: DW)
Stefan Nestler, SportredaktionBild: DW

Zum "bis hierhin und nicht weiter" wurde aber die Forderung Bierhoffs, ihm ein Vetorecht einzuräumen, wenn es darum geht, künftige Bundestrainer zu berufen. Der DFB tut gut daran, an dieser Stelle den vorläufigen Schlussstrich unter die Verhandlungen zu ziehen. Würde sich Theo Zwanziger darauf einlassen, gäbe er die Fäden der Nationalmannschaft endgültig und unwiderruflich aus der Hand. Dann hätte der DFB de facto zwei Chefs. Das Nationalteam mit seinem Ersatzkaiser Bierhoff wäre ein Staat im Fußball-Staate.

Bierhoff wappnet sich gegen Sammer

Hier ist Bierhoff, der Betriebswirt mit Uni-Diplom, deutlich übers Ziel hinaus geschossen. Sein Motiv liegt auf der Hand. Bierhoff will auf Dauer die Strippen ziehen und seine eigene Position absichern. Denn sollte das Projekt WM sportlich scheitern, wäre Joachim Löw als Bundestrainer nicht zu halten. Mit DFB-Sportdirektor Matthias Sammer stünde ein Nachfolger bereit, der, um es vorsichtig auszudrücken, ein distanziertes Verhältnis zu Bierhoff hat und sicher alle Hebel in Bewegung setzen würde, um den Teammanager loszuwerden.

Eskalation wäre fatal

Der Streit in der DFB-Spitze kommt zur Unzeit. Als wäre der Druck auf die Nationalmannschaft vier Monate vor der WM nicht schon groß genug, liegen sich jetzt auch noch die Verantwortlichen beim DFB in den Haaren. Das sorgt nicht gerade für ein ruhiges Umfeld. Eine weitere Eskalation wäre fatal. Wenn etwa der Bundestrainer bereits vor der WM die Brocken hinwerfen würde, stünde DFB-Chef Zwanziger vor einem Scherbenhaufen.

Autor: Stefan Nestler
Redaktion: Joachim Falkenhagen