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Stärke der Frauen, Ohnmacht der Männer

Helle Jeppesen7. März 2014

Frauen zu stärken und in Gesellschaftsfragen miteinzubeziehen steht weit oben auf der internationalen Agenda. Dass es trotzdem weltweit zu Gewalt gegen Frauen kommt, muss kein Widerspruch sein, meint Helle Jeppesen.

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Porträt Helle Mejdahl Jeppesen
Bild: DW/Helle Jeppesen

Was haben Frauen in Europa und Indien gemeinsam? Sie sind Opfer von Männergewalt. Die meisten Europäerinnen leben in wohlhabenden Gesellschaften, haben gute Bildungschancen und leiden relativ selten unter existenziellen Nöten. Viele Inderinnen haben dagegen kaum Zugang zu Bildung und Gesundheitseinrichtungen. Doch die Gewalt ist in beiden Fällen eine ständige Bedrohung für Frauen - in der Familie, am Arbeitsplatz, auf den Straßen.

Gewalt gegen Frauen ist kein soziales oder nationales Phänomen. In einer neulich veröffentlichten Studie kam die EU-Agentur für Grundrechte zu überraschenden Erkenntnissen. In skandinavischen Ländern wie Dänemark und Finnland, die sonst als Vorbild für Gleichberechtigung gelten, gab jede zweite Frau an, schon einmal Opfer eines gewalttätigen Übergriffs gewesen zu sein. In Deutschland war es jede dritte Frau, in Spanien nur jede fünfte.

Die vielen Gesichter der Gewalt

Der Unterschied mag zum Teil an der Offenheit liegen, mit der Frauen über Gewalt reden. Es mag auch unterschiedliche Definitionen von Gewalt geben: Was für die eine Frau einen Übergriff darstellt, wird in einem anderen Land vielleicht als Lappalie bagatellisiert. Denn Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter. Sie reicht von Vergewaltigung und Mord bis hin zu Cyber-Stalking im Internet und sexueller Belästigung in sozialen Netzwerken und am Arbeitsplatz. Eines haben alle Fälle gemeinsam: Die Gewalt wird von Männern verübt. Der Grund: Dass Frauen eben Frauen sind.

Denn die Gewalt gegen Frauen ist allgegenwärtig - egal in welcher Gesellschaft. Ebenso die Diskriminierung. Auch wenn eine Verfassung Gleichberechtigung verspricht und eigentlich garantieren sollte, sind wir global gesehen meilenweit davon entfernt, dass die Geschlechter gleiche Chancen und Rechte haben.

Zwangsheirat, die Verweigerung des Eigentumsrechts, der fehlende Zugang zu Bildung, Ernährung und Gesundheit sind die häufigsten Probleme in armen Ländern. Doch auch in Europa stoßen Frauen immer wieder auf die gläserne Decke, wenn es um Karriere und Jobmöglichkeiten geht. Auch sind es vor allem die Frauen, die unter der Doppelbelastung von Familie und Beruf zu leiden haben.

Gewalt aus Ohnmacht

Da helfen anscheinend auch berufliche Qualifikationen und eine gute Ausbildungen nicht weiter. Wenn die Daten zur Gewalt gegen Frauen in den skandinavischen Ländern stimmen, kommt eher der Verdacht auf, dass die Männergewalt eine Antwort auf das hart erkämpfte "Empowerment", die Stärkung und Emanzipation der Frauen, ist. Dazu könnte das chinesische Sprichwort passem: Wer zu Gewalt greift, kennt keine Argumente.

Weltweit werden Frauen selbstbewusster - auch dank der größeren Sensibilität für Gender-Fragen, die sich seit der UN-Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking weitgehend durchgesetzt hat. Doch Selbstbewusstsein allein reicht nicht. Vielmehr, so scheint es, wird die Stärke der Frauen als Ohnmacht der Männer empfunden. Und Ohnmacht führt oft zu Gewalt.