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Lifestyle

Ständig gereizt - wie chronischer Schmerz entsteht

11. Oktober 2012

Chronische Schmerzen sind solche, die über Monate andauern oder immer wiederkommen. Typische Ursachen sind zum Beispiel Krebs oder auch Rheuma. Und in vielen Fällen bleibt der Schmerz - auch wenn der Auslöser längst verheilt ist.

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Denn bei starken, ständigen Schmerzen verändert sich das Gehirn: die Toleranzgrenze sinkt und die Nervenzellen melden ständig Schmerz - auch ohne Ursache. Dann ist der Schmerz nicht mehr Symptom - sondern selbst eine Krankheit. Schmerz ist eigentlich eine sinnvolle Reaktion des Körpers. Akuter Schmerz signalisiert, dass Gefahr droht, etwa durch eine Verletzung, und hilft so, den Körper zu schützen. Er zeigt uns, was der Gesundheit schaden oder gefährlich werden könnte. Der Schmerz entsteht direkt am Ort des Geschehens. Dabei registrieren Nervenfasern die Verletzung und leiten den Reiz an das zentrale Nervensystem weiter: Zunächst ins Rückenmark und von dort weiter zum Gehirn. Erst jetzt nehmen wir den Schmerz als solchen wahr. Unser Gehirn macht Schmerz fühlbar. Bei einer Verletzung registrieren Nervenfasern den Reiz und leiten ihn sofort weiter bis zum Gehirn. Wie und wie intensiv ein Mensch Schmerzen empfindet, ist in höchstem Maße subjektiv: Der objektiv gleiche Schmerzreiz wird von verschiedenen Menschen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten ganz unterschiedlich wahrgenommen. Je dichter die Gehirnpartien miteinander vernetzt sind, desto weniger Schmerz wird empfunden, stellen Forscher an der TU München fest. Schmerzen dünnen allerdings die Vernetzung aus, die Empfänglichkeit wächst. Darüber hinaus kann das Schmerzsignal einen Reflex auslösen, zum Beispiel das Wegziehen der Hand, wenn wir uns an einer Herdplatte verbrennen. Doch Schmerzen können sich auch verselbständigen.

Schmerzen können sich dauerhaft ins Gehirn einbrennen

"Ich sitze hier in meinem Schlafzimmer, und mein ganzer Körper fühlt sich wie gerädert an. Meine Augen füllen sich mit Tränen. Mein Kiefer ist von einem unbeschreiblichen Schmerz gefüllt. Niemand kann mir helfen, ich fühle mich einsam und isoliert. Ich starre auf die Tabletten. Ich weiß, dass sie nicht mehr viel helfen. Ich bin durcheinander, und die Schmerzen werden immer unerträglicher." Gedanken einer 23-jährigen Frau, die seit fünf Jahren an schweren chronischen Kiefergelenkschmerzen leidet. Dreimal wurde sie operiert, der Schmerz blieb. Bei chronischem Schmerz wird das Nervensystem durch ständige Schmerzreize überempfindlich und reagiert selbst auf harmlose Impulse wie Berührungen mit entsprechenden Signalen. Bei starken, ständigen Schmerzen verändert sich das Gehirn. Dabei entsteht in bestimmten Zellen in Gehirn und Rückenmark ein Kreislauf von dauerhaften Schmerzimpulsen. Die Toleranzgrenze für Schmerz sinkt und die Nervenzellen melden ständig Schmerz - auch ohne Ursache, also wenn gar kein Reiz mehr vorliegt. Dann ist der Schmerz nicht mehr Symptom - sondern selbst eine Krankheit. Der Schmerz hat sich eingeprägt, ein sogenanntes Schmerzgedächtnis ist entstanden. Dieses Gedächtnis wieder zu löschen ist schwierig. Aber neue umfassende Therapien helfen Patienten, den Schmerz zu überwinden.