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Machtwechsel in Sri Lanka

9. Januar 2015

Sri Lanka bekommt einen neuen Präsidenten: Der bisherige Gesundheitsminister Sirisena hat die Wahl überraschend gewonnen. Der bisherige Staatchef Rajapaksa fühlt sich von seinem einstigen Gefährten hintergangen.

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Maithripala Sirisena (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Stringer

Entgegen allen Vorhersagen hat Maithripala Sirisena (Artikelbild) die Präsidentenwahl in Sri Lanka gewonnen. Der bisherige Gesundheitsminister erzielte laut dem offiziellen Wahlergebnis 51,3 Prozent der Stimmen. Für den seit zehn Jahren regierenden Präsidenten Mahinda Rajapaksa (69) votierten exakt 47,6 Prozent der Stimmberechtigten, wie der Wahlleiter in der Hauptstadt Colombo bekanntgab.

Rajapaksa räumte die Niederlage ein und versprach einen "reibungslosen Machtwechsel" in dem südasiatischen Inselstaat. Er habe den Wahlsieger bereits angerufen, sagte sein Sprecher. "Der Präsident hat denjenigen, die ihn unterstützt haben, gedankt und gesagt, dass er die Entscheidung des Volkes akzeptiert."

Mahinda Rajapaksa bei der Abgabe seiner Stimme (Foto: Reuters)
Mahinda Rajapaksa bei der Abgabe seiner StimmeBild: Reuters/Dinuka Liyanawatte

Vorwurf der Machtfülle

Sirisena konnte offenbar auf die Unzufriedenheit vieler Wähler mit der Regierung bauen. Dabei war Rajapaksa als Favorit in die Wahl gegangen, da es ihm unter anderem gelungen war, die Wirtschaft anzukurbeln. Dreiviertel der 20 Millionen Einwohner sind Singhalesen. Sie halten Rajapaksa zugute, dass er den jahrzehntelangen Bürgerkrieg gegen tamilische Rebellen 2009 militärisch beendete. Der Konflikt zwischen der singhalesisch-buddhistischen Mehrheit und den Tamilen auf der Insel im Indischen Ozean hatte 26 Jahre gedauert.

Menschenrechtler warfen ihm dagegen vor, zu viel Macht im Präsidentenamt zu konzentrieren. Mehrere Brüder Rajapaksas bekleideten hohe Regierungsämter.

Schlange vor einem Wahllokal in Madamulana im Süden von Colombo (Foto: Reuters)
Schlange vor einem Wahllokal in Madamulana im Süden von ColomboBild: Reuters/Dinuka Liyanawatte

Sirisena hat eine internationale Untersuchung zu mutmaßlichen Kriegsverbrechen der Armee während des Krieges gegen die Rebellenorganisation der Tamilen (LTTE) gefordert. Außerdem will er das Parlament stärken und die Macht dezentralisieren.

Der 63-jährige Sirisena galt jahrelang als enger Mitarbeiter Rajapaksas. Im November hatte er seinem Chef unerwartet die Freundschaft gekündigt, um bei den Wahlen gegen ihn anzutreten. Rajapaksa wertete dies als schweren Vertrauensbruch. "In der Nacht zuvor aßen wir noch Hoppers (Reis-Pfannkuchen), und am nächsten Morgen stach er mir in den Rücken", soll Rajapaksa gesagt haben. Sein Urteil: Verrat.

"Nicht beschmutzt"

Der 63 Jahre alte Sirisena gilt als Vollblut-Politiker. Schon als 17-Jähriger trat der Sohn eines Bauern der Sri Lanka Freedom Party bei. Seit den 1990er Jahren hatte er mehrere Ministerämter inne. Zuletzt war er Gesundheitsminister und Generalsekretär der Partei, bis er diese Ämter verlor, weil er den Präsidenten herausforderte. Auf seiner Homepage beschreibt sich der Buddhist Sirisena als "weder durch Gewalttaten noch Korruption beschmutzt". Immer wieder präsentiert sich Sirisena als der anständige Volksvertreter, der weder raucht noch trinkt. Zwar mangelt es ihm Beobachtern zufolge im Vergleich zu Rajapaksa an Charme. Doch konnte er nicht nur viele Menschen aus der Bevölkerungsmehrheit der buddhistischen Singhalesen hinter sich bringen, sondern er gewann auch bei der tamilischen Minderheit sowie Muslimen und Christen Stimmen hinzu.

Etwa 15 Millionen Menschen waren zur Präsidentenwahl in Sri Lanka aufgerufen, 19 Kandidaten hatten sich beworben. Die Wahlbeteiligung lag bei über 70 Prozent. Der Wahlkampf war von Gewalt überschattet, erst vor wenigen Tagen griffen Gegner Sirisenas dessen Kundgebungen an. Am Mittwoch wurde ein Aktivist der Opposition erschossen. Die Wahl selbst verlief am Donnerstag weitgehend friedlich, obgleich es Berichte über Einschüchterungsversuche in Gebieten gab, die mehrheitlich von Tamilen bewohnt werden. Die Polizei sprach außerdem von insgesamt 175 Festnahmen im Zusammenhang mit der Wahl.


stu/haz (afp, dpa, epd)