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Ein palästinensischer Detektiv

Bettina Marx (dh)26. Februar 2009

"Gestern, vorgestern", so heißt ein alternativer Buchladen in Jerusalem. Hier haben sich ein paar Dutzend Gäste eingefunden, um dem Autor Matt Rees zuzuhören. Er liest aus seinem Debütroman "Der Verräter aus Bethlehem".

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Matt Rees - vom Journalist zum SchriftstellerBild: C.H. Beck

Angesiedelt hat er ihn in den palästinensischen Autonomiegebieten in der Stadt Bethlehem. Der Detektiv heißt Omar Jussuf. Er ist eigentlich Lehrer von Beruf, muslimischer Lehrer, wie Rees im Gespräch mit dem Publikum betont. „Ich musste einen Detektiv erfinden, der kulturell präzise ist. Wenn er ein Christ wäre, könnte er nicht gegen die Al-Aksa-Märtyrer-Brigaden ermitteln, denn die würden ihn sofort töten. Darum musste ich einen muslimischen Detektiv schaffen, der einen großen Clan im Rücken hat. Dieser Clan musste Leute von Fatah und von Hamas einschließen, damit mein Detektiv ihren Schutz genießen würde.“

Buchcover Der Verräter von Bethlehem von Matt Beynon Rees
Der Verräter von Bethlehem von Matt Rees

Der prominente israelische Fernsehjournalist Oren Nahari, der an diesem Abend im Buchladen die hebräische Ausgabe des Buches vorstellt, ist voll des Lobes für den ehemaligen Kollegen, der zehn Jahre lang das Büro des "Time-Magazine" in Jerusalem leitete. Oren Nahari habe versucht, so gut er das konnte, Matt Rees' Buch zu überprüfen. "Ich habe das Manuskript an Leute gegeben, die jeden Tag in den palästinensischen Gebieten unterwegs sind, denen ich vertrauen kann, die Fernsehkorrespondenten für arabische Angelegenheiten sind, und sie sagten mir: das ist es. So ist die Lage", sagt der Fernsehjournalist.

Nicht nur schwarz und weiß

Als Krimiautor könne er nun viel mehr erklären und das Leben der Palästinenser viel umfassender und genauer darstellen, als früher, als er noch als Journalist aus dem Nahen Osten berichtete, sagt der 41-jährige Autor. Nach vielen Jahren erst sei er in der Lage gewesen zu verstehen, was sich in den Köpfen der Palästinenser abspiele. "Wenn ich einen Roman schreibe, komme ich der Realität des palästinensischen Lebens viel näher als ich es jemals in meiner journalistischen Arbeit tun könnte."

Mann auf den Trümmern seines Hauses in Gaza
Ein Mann auf den Trümmern seines Hauses in Gaza nach der israelischen MilitäroffensiveBild: Bettina Marx

Drei Krimis hat Matt Rees bereits geschrieben. Der zweite, "Ein Grab in Gaza", ist gerade in deutscher Übersetzung erschienen. Der Krimi ist ziemlich düster und hoffnungslos und zeichnet ein schonungsloses Bild der Gewalt, die in dem schmalen Küstengebiet herrscht. Daraus solle man aber nicht schließen, dass er den Gazastreifen nicht mag, betont er. "Nein, ich liebe Gaza wirklich. Wenn die Leute meine Bücher lesen, dann denken sie, dass ich diese Orte vielleicht nicht mag. In Gaza habe ich das Gefühl, dass ihm dieses schmutzig-exotische Mysterium anhaftet, es ist wirklich ein geheimnisvoller Ort und ich liebe ihn", sagt Matt Rees.

Omar Jussuf gibt es wirklich

Der dritte Krimi, der gerade in englischer Sprache erschienen ist, spielt wieder im Westjordanland in einer kleinen religiösen Gemeinschaft der Samariter, die auf dem Berg Gerizim bei Nablus lebt. Rees hat auch schon Ideen für die folgenden zwei Bände. Sie werden in der palästinensischen Diaspora in Beirut und in New York angesiedelt sein. Und seinen korrekten, palästinensischen ein bisschen schwermütigen und penible Schullehrer Omar Jussuf gibt es wirklich. Er lebt im Deiheische Flüchtlingslager im Westjordanland. "Er ist jemand, den ich seit mehr als einem Jahrzehnt kenne und den ich respektiere und der mir eine ganze Menge über das palästinensische Leben beigebracht hat. Er war gewissermaßen mein Übersetzer für die palästinensische Gesellschaft. Ich will, dass er diese sehr komplexe, sehr warmherzige und sehr gefährliche Gesellschaft für meine Leser übersetzt."