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Eindringliche Warnungen vor Pegida

20. Oktober 2015

Vor Monaten suchte man noch das Gespräch mit den "empörten Bürgern". Nun sieht man die Pegida zunehmend unter dem Einfluss von Rassisten und Neonazi-Propaganda. SPD-Chef Gabriel und andere schlagen scharfe Töne an.

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Kundgebung zum Pediga-Jahrestag in Dresden (foto: Getty Images)
Bild: Getty Images/S. Gallup

"Pegida ist eine rechtspopulistische und in Teilen offen rechtsradikale Empörungsbewegung geworden", erklärt der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel. Seine Generalsekretärin Yasmin Fahimi fordert die Überwachung der islam- und ausländerfeindlichen Bewegung durch den Verfassungsschutz. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) spricht von "Rechtsextremen und Rattenfängern" und einem "unerträglichen Maß des Hasses gegen Flüchtlinge und Politiker" bei der Pegida.

Die "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlands" (Pegida) feierten ihr einjähriges Bestehen mit einem großen Aufmarsch in Dresden. Währenddessen wächst im Berliner Regierungslager die Einsicht, dass sich diese selbsternannten "Patrioten" zunehmend radikal auch gegen die Demokratie und den bürgerlichen Staat richten.

Propaganda wie bei der NSDAP

Unter den Demonstranten wie in Dresden seien auch "gefährliche Brandstifter", warnte Gabriel in der "Süddeutschen Zeitung". Die Protagonisten der Pegida stellten inzwischen auch die Grundlagen der Demokratie infrage. Sie versuchten, "diese Demokratie mit Kampfbegriffen der NSDAP in der Weimarer Republik als 'Altparteien-Demokratie' und die Parlamente als 'Quasselbude von Volksverrätern' umzudeuten und die Medien als 'Lügenpresse' zu denunzieren", beklagte der SPD-Politiker.

Sigmar Gabriel, SPD-Bundesvorsitzender und Vizekanzler (foto: Getty Images)
SPD-Chef Gabriel schlägt scharfe Töne gegen Pegida anBild: Getty Images/A. Berry

Zwar sei ihm die Bewegung Anfang des Jahres "als noch unstrukturiertes Sammelbecken von frustrierten Bürgern" erschienen, räumte der Vizekanzler ein. Nun sei sie aber "zum Reservoir rassistischer Fremdenfeindlichkeit geworden" und "der verlängerte und sprachlich brutalisierende Arm der AfD und NPD auf der Straße".

Nach den Pegida-Aufmärschen und dem Messerattentat auf die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker schrieb jetzt Bundesinnenminister de Maizière in einem Beitrag für die "Bild"-Zeitung: "Der Hass gegenüber Flüchtlingen, der Hass gegen verantwortliche Politiker, der Hass gegen Andersdenkende hat im Internet und auf der Straße ein unerträgliches Maß erreicht". Einige hätten den gegenseitigen Respekt und den Anstand verloren.

Anonyme Aufwiegelung zur Gewalt

Inzwischen gebe es zum Beispiel im Internet "eine Vielzahl von Möglichkeiten, sich anonym zu äußern, ohne Gesicht zu zeigen", so de Maizière weiter. Auch dadurch seien Hemmschwellen gefallen, und diese "Enthemmung" sei auf der Straße angekommen.

Fast drei Stunden lang hatten sich am Montagabend in Dresden Redner auf der Pegida-Kundgebung gegen Asylbewerber und demokratische Parteien gewandt. Gründer Lutz Bachmann und andere machten mit teils äußerst aggressiven Äußerungen Stimmung gegen den Zuzug von Flüchtlingen. Bachmann drohte Innenminister de Maizière mit einer "Anzeige wegen Volksverhetzung".

Ein Demonstrant führte ein Plakat mit einer Fotomontage von Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer nazi-ähnlichen Militäruniform mit. Der rechtspopulistische deutsch-türkische Schriftsteller Akif Pirincci sprach laut ARD-Berichten von "KZs, die ja leider derzeit außer Betrieb" seien. Er erntete aus der Menge zunächst Applaus, wurde dann aber wegen seiner zu skurrilen Theorien auch ausgebuht. Die Staatsanwaltschaft Dresden nahm wegen der Rede Pirinccis Ermittlungen auf wegen des Verdachts der Volksverhetzung.

Angriff auf DW-Reporter

Ein Kamerateam der Deutschen Welle wurde von Pegida-Anhängern umstellt und bedrängt. Reporter Jaafar Abdul Karim von der arabischen Redaktion der DW wurde geschlagen, als er versuchte, Demonstranten zu interviewen.

Unter dem Motto "Herz statt Hetze" hatte ein breites Bündnis dazu aufgerufen, sich gegen Fremdenhass zu stellen. Die Gegendemonstranten waren sternförmig von verschiedenen Richtungen in die Dresdner Altstadt gezogen. Politiker von SPD und Grünen sprachen von einem wichtigen Signal, dass viele Menschen auch für Solidarität mit Ausländern und Flüchtlingen, für Weltoffenheit und Demokratie auf die Straße gegangen seien.

SC/stu (afp, dpa, epd, ARD)