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Spannende Parlamentswahlen

Filip Slavkovic28. Dezember 2003

Am Sonntag (28.12.) haben die Serben ihr Parlament gewählt. Umfragen sehen die ehemaligen Milosevic-Mitstreiter als stärkste Fraktion. Ergebnisse sind erst Montagnacht zu erwarten.

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Setzen die Serbien auf eine Reformregierung?Bild: AP


Seit einem Jahr stolpert Serbien von einer Krise in die nächste. Es begann mit der Umwandlung der Bundesrepublik Jugoslawien zu einem losen Staatenbündnis Serbien-Montenegro. Dabei blieben sowohl die Beziehungen der beiden Republiken als auch der Status der seit den NATO-Luftangriffen 1999 unter UN-Verwaltung stehenden Provinz Kosovo ungeregelt. Im März wurde die Leitfigur der Reformbewegung, der serbische Ministerpräsident Zoran Djindjic, von Unterwelt-Bossen in Belgrad erschossen.

Schon vorher haben zwei große Parteien - die Demokratische Partei Serbiens (DSS) und die Gruppe 17 plus (G17) - die regierende Koalition Demokratische Opposition Serbiens (DOS) verlassen. Djindjics Demokratische Partei (DS) blieb das einzige starke Mitglied des Mehr-Parteien-Bündnisses. Sechs Monate nach dem Mord an Djindjic zerfiel die DOS-Koalition durch interne Streitereien und schwere Korruptions- und Missbrauchsvorwürfe.

Serbien ohne Staatschef

Inzwischen steht Serbien auch ohne Staatschef da, weil die Präsidentschaftswahlen dreimal in Folge an der geringen Wahlbeteiligung scheiterten. Die Regierung ist durch zahlreiche Austritte und Entlassungen teilweise nur noch notbesetzt. Nach kurzlebigem Aufschwung fürchtet die Wirtschaft eine Rezession.

Auf Druck der Öffentlichkeit wurden, fast genau drei Jahre nachdem die DOS den früheren autoritären Präsidenten Slobodan Milosevic gestürzt hat, Neuwahlen für das Parlament ausgeschrieben. Der Spitzenkandidat der DS wurde Boris Tadic, der Verteidigungsminister.

Tadic setzte durch, dass mehrere, wegen dubioser Mafia-Verbindungen beim Wahlvolk verachtete, hohe Mitglieder der DS von der Wahlliste gestrichen wurden. Der Vizeparteichef verzichtete aber darauf, schon vor der Wahl die internen Flügelkämpfe zu entscheiden. Mehrmals gab er zu, dass es in der DOS-Koalition oft drunter und drüber ging. Tadic entschuldigte sich dafür bei den Bürgern. Zugleich warb er um frühere Mitstreiter.

DSS, G17 und DS?

Die Parteien DSS und die G17 stehen aber einer künftigen Zusammenarbeit mit Tadics DS skeptisch gegenüber. Dies gilt vor allem für die DSS des letzten jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica. Doch auch Kostunica bietet keine klaren Lösungen. So stellt er sich bei der Frage der Auslieferung mutmaßlicher Kriegsverbrecher gegen die Forderungen des Haager-Tribunals für das ehemalige Jugoslawien. Dafür erntete er mehrmals Kritik aus der EU und der USA, den wichtigsten Geldgebern des verarmten Landes.

Die G17 möchte den - von der EU mitvorangetriebenen - Staatenbund mit Montenegro auflösen. Obwohl er als jugoslawischer Vizepremier an der Umbildung der Föderation beteiligt war, sieht sie der Parteichef Miroljub Labus jetzt als Bremse auf dem Weg Serbiens nach Europa.

Steht ein Bürgerkrieg bevor?

Für den Fall, dass die mehrheitlich albanische Provinz offiziell selbstständig wird, droht die Serbische Radikale Partei (SRS) mit Krieg. Die SRS war in den 1990er Jahren Milosevics treuer Partner. Ihr Chef, Vojislav Seselj, stellte sich im Januar dem Haager-Tribunal, wo er sich, wie der vor zwei Jahren ausgelieferte Slobodan Milosevic, wegen mutmaßlichen Kriegsverbrechen verteidigen muss. Trotzdem ist er Spitzenkandidat seiner Partei.

Experten erwarten, dass die konservative DSS, die liberale G17 und die sozialdemokratische DS jeweils 20 bis 15 Prozent der Stimmen erhalten. Somit würden die Reformer eine stabile Mehrheit und eine neue demokratische Regierung bilden können. Die übrigen der insgesamt 19 Parteien und Koalitionen, die bei der Wahl am 28. Dezember antreten, werden - aller Voraussicht nach - unter drei Prozent bleiben und damit nicht in der Volksversammlung vertreten sein.