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Spaltet Schweizer Geld die Eurozone?

25. September 2012

Es ist kein Geheimnis: Viele Milliarden aus den Krisenländern werden in der Schweiz geparkt. Das hat sie unfreiwillig zum finanziellen Spaltpilz in der Eurozone gemacht, glaubt die Ratingagentur Standard&Poor's.

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In einem Auge spiegelt sich die Flagge der Schweiz, die auf einem Monitor angezeigt wird. (Foto: dapd)
Deutschland Wirtschaft Banken Schweiz im Blick SymbolbildBild: dapd

Mit dem Euro wollen die Schweizer eigentlich nichts zu tun haben - und doch müssen sie sich täglich mit ihm herumschlagen. Denn seit Monaten fließen Euro-Milliarden aus den Krisenländern der Eurozone in die Alpenrepublik - Geld, das die Sparer aus Spanien, Italien oder Griechenland in Sicherheit bringen wollen.

Das hat den Schweizer Franken dermaßen aufgewertet, dass sein Wechselkurs zu einer ernsthaften Gefahr für die dortige Exportindustrie geworden ist. Vor rund einem Jahr zog deshalb die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Notbremse und führte einen Euro-Mindestkurs von 1,20 Franken ein. Um den Euro nicht weiter fallen zu lassen, muss die SNB seitdem die in die Schweiz fließenden Euro mit Interventionen am Devisenmarkt selbst aufkaufen.

SNB kauft Euro

Ein weiteres Absacken des Euro hätte der exportabhängigen Schweizer Wirtschaft nach Überzeugung der SNB schweren Schaden zugefügt. Die Interventionen der SNB ließen die Devisenreserven der Schweiz auf 418 Milliarden Franken anschwellen, die die Notenbank möglichst sicher und gewinnbringend anlegen muss - vorzugsweise in Staatsanleihen europäischer Kernländer wie Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Österreich und Finnland.

Allein in den ersten sieben Monaten dieses Jahres dürfte die SNB für rund 80 Milliarden Euro Staatsanleihen aus diesen Staaten gekauft und damit fast die Hälfte des öffentlichen Finanzbedarfs dieser Länder gedeckt haben, schätzt die Ratingagentur Standard&Poor's (S&P). Das Resultat sind immer weiter auseinanderdriftende Zinssätze in der Eurozone. "Wir denken, dass dieses Euro-Recycling den Trend zu auseinanderlaufenden Zinsen für Staatsanleihen der Euroländer verstärkt hat", heißt es in einer am Dienstag (25.09.2012) vorgelegten S&P-Studie.

Deutschland spart und profitiert

Für Deutschland ist das bislang ein gutes Geschäft. Der deutsche Staat profitiere derzeit mit "reichlich zehn Milliarden Euro jährlich", sagte Chefvolkswirt der Allianz, Michael Heise, am Dienstag in Frankfurt. Bezogen auf alle Laufzeiten der bundesdeutschen Wertpapiere schätzt Heise die Zinsersparnis im Laufe der Jahre auf insgesamt 67 Milliarden Euro. Für die Krisenländer drohen die hohen Zinsen dagegen zu einer erdrückenden Last zu werden.

Die SNB hält etwa 60 Prozent ihrer Devisenreserven in Euro. Der Rest entfällt überwiegend auf Dollar, Yen und Pfund Sterling. Dass die SNB die Staatsanleihen der europäischen Kernländer kurzfristig verkaufen könnte, ist nach Ansicht der S&P-Experten unwahrscheinlich. Irgendwann werde der Geldfluss aus der Schweiz aber versiegen und das würde höhere Zinsen für die Staatskassen der Euro-Länder bedeuten, die gegenwärtig von der Kapitalflucht aus den klammen Euro-Staaten über die Schweiz profitieren. Das Rating dieser Länder würde davon aber nicht berührt, so S&P.

In der gegenwärtigen Lage wird die SNB nicht von ihrem Euro-Mindestkurs abrücken, wie SNB-Präsident Thomas Jordan am Dienstag bekräftigte. Es sei noch zu früh, um im Hinblick auf die Eurokrise Entwarnung zu geben. Der Franken sei hoch bewertet und müsse sich abschwächen.

wen/SC (rtr, dapd, SZ)