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Prozess gegen 95-jährigen ehemaligen KZ-Sanitäter

2. Dezember 2015

Zu über 3600 Morden soll er Beihilfe geleistet haben - was dem Mann vorgeworfen wird, klingt unvorstellbar. Ein langer Rechtsstreit ist entschieden: Der Angeklagte ist verhandlungsfähig, der Prozess kann beginnen.

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Konzentrationslager Auschwitz (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Der ehemalige Sanitäter im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau (Artikelbild) muss sich vor dem Oberlandesgericht in Rostock verantworten. Trotz seines hohen Alters sei der Angeklagte eingeschränkt verhandlungsfähig, teilte eine Sprecherin des Gerichts, Christine Böhm, mit. Das sei auf der Grundlage eines neuen psychiatrischen Gutachtens entschieden worden.

Verhandlung ist zumutbar

Eine öffentliche Verhandlung sei somit zu verantworten. Das gelte, zumal ihm drei Verteidiger zur Seite stünden und die Beweisaufnahme sich darauf beschränken werde, Urkunden und frühere Zeugenaussagen zu verlesen. Gravierende Gefahren durch die emotionale Belastung und das zu erwartende Medieninteresse seien nicht ersichtlich. Darüber hinaus könnten Fragen wiederholt und Pausen eingelegt werden, um den Angeklagten körperlich nicht zu sehr zu belasten.

Noch im Frühjahr hatte das Landgericht Neubrandenburg von der Eröffnung eines Verfahrens abgesehen. In der Begründung hieß es, der damals 94-Jährige leide an einer senilen Demenz, die mittlerweile zu ausgeprägten kognitiven Einschränkungen geführt habe. Der Gesundheitszustand des Angeklagten verschlechtere sich zudem laufend und sei unumkehrbar. Gegen diese Entscheidung des Landgerichts hatte die Staatsanwaltschaft Schwerin Beschwerde eingelegt.

Beihilfe zum Mord in tausenden Fällen

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, als Sanitäter im KZ Auschwitz-Birkenau in mindestens 3681 Fällen Beihilfe zum Mord geleistet zu haben. Er soll im August und September 1944 durch seine Tätigkeit zu der Massenvernichtung von Deportierten beigetragen haben. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm drei bis 15 Jahre Haft.

Ein polnisches Gericht in Krakau hatte den Mann im Jahr 1948 wegen seiner Zugehörigkeit zur SS verurteilt. Etwa dreieinhalb Jahre soll er in Polen inhaftiert gewesen und nach Verbüßung der Strafe nach Vorpommern zurückgekehrt sein.

nin/sc (dpa, afp, epd)