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Soziale Medien für Lehrer verboten

Rachel Baig27. Juli 2013

"Realitätsfern" oder "überfällig"? In Baden-Württemberg dürfen Lehrer und Schüler nicht mehr über die sozialen Netzwerke in Kontakt treten. Die Entscheidung des Kultusministeriums ist heftig umstritten.

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Symbolbild Facebook- und Twitterverbot (Foto: DW-Grafik: Per Sander)
Symbolbild Facebook- und Twitterverbot

Die Vorgabe des Kultusministeriums des Landes Baden-Württemberg klingt eindeutig: Für dienstliche Zwecke dürfen Lehrer an den Schulen des Bundeslandes keine sozialen Medien wie Facebook, Twitter oder ­StudiVZ mehr benutzen. Weder für den Kontakt zu den Schülern, noch für die dienstliche Kommunikation der Lehrer untereinander. Damit holt das Bundesland im Südwesten der Republik nach, was Bayern und Schleswig-Holstein bereits seit Längerem umgesetzt haben. Begründet wird das Verbot vom Ministerium mit Datenschutzbedenken. Rolf Busch, stellvertretender Bundesvorsitzender des Verbands für Bildung und Erziehung, ist allerdings skeptisch: "An vielen Schulen in Deutschland wird nicht sorgfältig genug mit dem Datenschutz umgegangen. Es ist aber nicht richtig, Lehrer mit einem Verbot zu bestrafen."

Kultusministerium bestätigt Zweifel der Eltern

Im Alltag der Jugendlichen haben Facebook und Co. als Kommunikationsmedien schon lange einen festen Platz. Da liegt es nur nahe, dass auch Schüler mit ihren Lehrern auf diese Weise in Kontakt treten, zumal viele den Info-Austausch über die Plattformen unkomplizierter und deutlich weniger steif empfinden als über E-Mail oder Telefon. Und auch die Lehrer haben in den vergangenen Jahren die Vorzüge des Systems schätzen gelernt. Mitteilungen wie "Der Sportunterricht findet heute in der Turnhalle statt" oder "Lehrer können Karten für den Abiball zum halben Preis kaufen" erscheinen bisweilen schneller in der Facebook-Gruppe als am Schwarzen Brett in der Schule.

Selman Özen, Vorsitzender des Landesschülerbeirat in Baden-Württemberg (Foto: Selman Özen)
Selman Özen hält die Entscheidung des Kultusministeriums für angebrachtBild: LSBR

Und doch diskutieren Eltern und Pädagogen bereits seit einigen Jahren darüber, ob Schüler und Lehrer überhaupt auf Facebook miteinander "befreundet" sein sollten. Bedenken gibt es hauptsächlich wegen der schwindenden Privatsphäre. Die Entscheidung des Kultusministeriums in Baden-Württemberg hat diese Debatte neu angefacht. "Es ist höchste Zeit gewesen, dass sich das Kultusministerium mit dem Thema beschäftigt", so Selman Özen, Vorsitzender des Landesschülerbeirats in Baden-Württemberg, im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Datenschutz nicht gewährleistet

Neben Datenschutz-Bedenken verweist Özen auch auf andere Aspekte der Debatte: "Es sollte keiner verpflichtet werden, sich in sozialen Netzwerken anzumelden, nur um an Schulaktivitäten teilzunehmen." Außerdem müsse man sich um die pädagogische Distanz sorgen, wenn Schüler und Lehrer via Facebook ständig privaten Kontakt hätten.

Fotoilustration von Facebook Apps (Foto: Simon Chavez/dpa/ef)
Es gibt keine konkrete Richtlinien für Lehrer in sozialen NetzwerkenBild: picture-alliance/dpa

Bei vielen Lehrern sorgt die Handreichung des Ministeriums für Verwirrung. Weder wird geklärt, ab wann eine Facebook-Unterhaltung dienstlich ist, noch werden Verstöße gegen das Verbot geahndet. Auch soll der Umgang mit sozialen Medien an Schulen nicht vollständig verboten werden. Weiterhin erlaubt soll es bleiben, dass Lehrer im Unterricht den Umgang mit sozialen Medien erklären. Sie dürfen hierbei die Funktionsweise, die Vor- und Nachteile, sowie die Risiken aufzeigen.

Mögliche Alternativen

Das Ministerium selbst nennt Briefe und verschlüsselte E-Mails als mögliche Alternativen zu der Kommunikation über soziale Netzwerke. Allerdings, bremst Verbandssprecher Busch, habe nicht jeder Lehrer eine dienstliche E-Mail-Adresse, die nach Datenschutzkriterien als sicher gelte. Hier müsse das Ministerium erst einmal Standards und klare Anweisungen formulieren.

Schüler im Unterricht in Deutschland (Foto: DW/A. Groß)
Lehrer sollen weiterhin soziale Netzwerke im Unterricht erklärenBild: DW/A. Groß

Schüler-Vertreter Özen sieht in einer Arbeitsteilung die Lösung. "Lehrer sollten E-Mails und Zettel am Schwarzen Brett zur Kommunikation nutzen. Schüler können dann selber die Informationen durch soziale Netzwerke weitergeben."