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Sound für die Freiheit

Silke Ballweg
3. Mai 2017

"Auf die Presse" lautet das Motto eines Benefizkonzertes deutscher Künstler vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Zum Internationalen Tag der Pressefreiheit fordern sie die Freilassung aller inhaftierten Journalisten.

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Benefizkonzert zum Internationalen Tag der Pressefreiheit in Berlin (Foto: Getty Images/J. MacDougall)
Bild: Getty Images/J. MacDougall

Einige Besucher haben Plakate mit politischen Slogans wie "Free all jailed journalists" dabei. Andere tragen ein weißes T-Shirt mit der Aufschrift "Free Deniz", die an die Freilassung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel erinnern soll, der seit mehr als zwei Monaten in der Türkei im Gefängnis sitzt. Mehr als tausend Besucher sind am Tag der Internationalen Pressefreiheit zum Solidaritätskonzert vor das Brandenburger Tor in Berlin gekommen. Mit ihrer Anwesenheit wollen sie ein Zeichen setzen für Meinungs- und Pressefreiheit. 

Proteste für Freilassung von Deniz Yücel

"Ich habe die Artikel von Deniz Yücel immer in der Zeitung gelesen", sagt Doris Möhlhenrich, die mit ihrem Besuch auch gegen den autokratischen Herrschaftsstil des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan protestiert. "Für mich ist Yücel ein Journalist mit Durchblick", sagt die Mitfünfzigerin.

Benefizkonzert zum Internationalen Tag der Pressefreiheit in Berlin (Foto: Getty Images/J. MacDougall)
Konzertbesucher demonstrieren für die Freilassung von Deniz YücelBild: Getty Images/J. MacDougall

Dass der Korrespondent der deutschen Tageszeitung "Die Welt" mit 150 weiteren Journalisten derzeit in der Türkei inhaftiert ist, hält sie für einen politischen Skandal, wegen dem es sie auf die Straße treibt. Mit ihrer Regenjacke hat sie sich für den Fall gewappnet, dass es regnen sollte. Doch das Wetter hält. "Wenn der türkische Präsident zur westlichen Welt gehören will, muss er die Menschenrechte respektieren", sagt Christine Karwiese, die neben ihrer Freundin in Richtung Bühne blickt.

Journalisten und Medien in der Türkei im Visier

Zu dem Konzert haben die Zeitungen "Die Welt", die "tageszeitung", die "Bild"-Zeitung und "Jungle-World" gemeinsam mit Organisationen wie Amnesty International und Reporter ohne Grenzen eingeladen. Denn die Pressefreiheit ist unter Druck. Nach Angaben von Reporter ohne Grenzen sitzen weltweit 359 Journalisten und Bürgerjournalisten in Haft. Allein in der Türkei sind nach dem vereitelten Putschversuch im vergangenen Juli mehr als 150 Journalisten inhaftiert. Rund 170 Zeitungen, Magazine, Verlage und Radio- und Fernsehsender wurden geschlossen.

Haftgrund: Terrorpropaganda!

"Sie sitzen ein, weil sie ihren Job gemacht haben", sagt Christian Mihr, der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Denn der Staat wirft ihnen in fast allen Fällen Terrorpropaganda vor. Und warum? Weil die Journalisten über den Kurdenkonflikt und über die Gülen-Bewegung geschrieben haben. Und schon das Schreiben über diese Themen wird mit Terrorpropaganda gleichgesetzt."

Für die deutsche Regierung sei die Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel ein Weckruf gewesen, gegenüber dem türkischen Präsidenten klar und deutlich die Einhaltung der Menschenrechte zu verlangen, so Mihr weiter. Er fordert die sofortige Freilassung aller Journalisten, sowohl in der Türkei wie auch in allen anderen Ländern.

Keine Freiheit ohne Pressefreiheit

Mit dem Konzert wollen die Veranstalter "ein lautes Zeichen geben, das bis nach Istanbul, möglichst bis nach Peking geht", sagt Doris Akrap, Redakteurin bei der Berliner tageszeitung und Mitinitiatorin des Freundeskreis #FreeDeniz. Deutsche und türkische Künstler wie Sultan Tunç, Die Sterne, Notwist oder Peter Licht sind vor dem Brandenburger Tor zusammengekommen. Der deutsche Rockmusiker Udo Lindenberg sagte in einer Videobotschaft, auch er wäre gerne live dabei gewesen, habe dies aus Termingründen aber leider nicht einrichten können. "Eine freie Gesellschaft braucht kritischen Journalismus", so der Musiker an die Berliner Konzertbesucher gewandt.

DW-Journalist Friedmann kritisiert Menschenrechts-Verstöße

DW-Journalist Michel Friedmann beim Konzert zum Internationalen Tag der Pressefreiheit in Berlin (Foto: picture-alliance/dpa/M. Gambarini)
DW-Journalist Michel Friedmann setzt sich für Meinungsfreiheit einBild: picture-alliance/dpa/M. Gambarini

Sowohl junge als auch ältere Menschen hören den Reden und der Musik vor dem Brandenburger Tor zu. Manche haben einen Becher mit Kaffee in der Hand. Andere trinken aus einer mitgebrachten Flasche Bier oder Wasser.

Der Deutsche Welle-Journalist Michel Friedmann wandte sich in seiner Eröffnungsrede "an alle Diktatoren, Autokraten und sogenannte Demokraten" und sagte: "Eure Länder haben den Artikel 19 der Allgemeinem Erklärung der Menschenrechte unterschrieben", der die Meinungs- und Pressefreiheit garantiert.

Doch kaum einer würde sich an die Unterzeichnung gebunden fühlen und stattdessen regelmäßig gegen die Charta der Menschenrechte verstoßen. "Lassen Sie die Menschen frei, deren einziges Verbrechen es ist, eine Meinung zu haben, die nicht die Ihre ist!", sagte Friedman an den türkischen Präsidenten Erdogan gewandt. "Lassen Sie Deniz Yücel und alle anderen frei!", rief er in Richtung Ankara.

Bereits am Mittwochmittag hatten rund 50 Menschen mit Rasseln und Trillerpfeifen vor der türkischen Botschaft in Berlin für die Freilassung inhaftierter Journalisten demonstriert. Auf Plakaten zeigten sie Fotos inhaftierter Journalisten wie Deniz Yücel und dem Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung Cumhuriyet, Murat Sabuncu.

 

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