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Pakistan Militär

13. Januar 2012

Seit Monaten belauern sich in Pakistan Regierung und Armee. Als Präsident Zardari für einen Tag nach Dubai flog, machten sofort Gerüchte von einem bevorstehenden Putsch die Runde

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Das Gebäude des Obersten Gerichtshofs Pakistans in Islamabad. (Foto: dapd)
Pakistans Oberster Gerichtshof sieht sich als Hüter der zivilen Verfassung des LandesBild: dapd

Pakistans traditionell mächtiges Militär wird von der selbstbewussten Judikative des Landes vor einem Putsch gegen den Präsidenten Asif Ali Zardari und dessen Regierung gewarnt. "Wer auch immer gegen die Verfassung verstößt, wird vom Obersten Gericht gestoppt werden", sagte Yasin Azad, Präsident der Vereinigung der Anwälte am Obersten Gerichtshof in Pakistan, gegenüber DW-WORLD.DE. "Ich glaube nicht, dass die pakistanische Armee die Fehler der Vergangenheit wiederholen und einen Putsch planen wird. Wir möchten die Armee an die Verfassung von 1973 erinnern, die der Armee keine politische Rolle zugesteht. Zum Wohle der Nation müssen die politischen Führer ihre Differenzen auf demokratischem Weg im Parlament beilegen."

Schwerste Krise seit 1999

Pakistans Ministerpräsident Yusuf Raza Gilani (Foto: (picture alliance/dpa)
Ministerpräsident Yusuf Raza Gilani ärgerte mit dem Rauswurf des Verteidigungsministers das MilitärBild: picture-alliance/dpa

Experten sind sich einig, dass das Verhältnis zwischen Regierung und Militär nicht schlechter werden kann, als es sich derzeit darstellt. Es ist die größte innenpolitische Krise, seitdem das Militär im Jahr 1999 eine Zivilregierung eingesetzt hat. Die Spannungen erreichten ihren Höhepunkt, als am Donnerstag (12.01.2012) Premierminister Yusuf Raza Gilani den Verteidigungsminister von seinem Posten entband. Der Vorstoß wurde vom Militär als Affront aufgefasst und scharf kritisiert. Verteidigungsminister und Generalleutnant a.D. Naeem Khalid Lodhi wurde wegen "krassen Fehlverhaltens und illegaler Aktionen, die zu Missverständnissen führten" gefeuert, wie das Amt Gilanis erklärte. Der Verteidigungsminister war der wichtigste Fürsprecher des Militärs innerhalb der Zivilregierung.

"Memogate" und die Folgen

Anfang der Woche hatte Premierminister Gilani einer chinesischen Website mitgeteilt, dass das pakistanische Militär gegen die Verfassung verstoßen hätte, als es sich zu einer Untersuchung des Obersten Gerichtshofs äußerte. Bei der Untersuchung geht es um ein Regierungsdokument, das seit vergangenem Jahr für Furore in Pakistan sorgt ("Memogate"). In dem Dokument waren die USA wegen eines angeblich unmittelbar bevorstehenden Putsches des pakistanischen Militärs um Hilfe gebeten worden. "Es gibt keine ernstere Anschuldigung als die, die der Premierminister erhoben hat", so die prompte Reaktion von Seiten des Militärs. "Das wird ernste Auswirkungen und schwerwiegende Konsequenzen für das Land haben."

Muhammad Anwar, der für die Friedrich-Naumann-Stiftung in Islamabad arbeitet, sagt, dass die Entlassung des Verteidigungsministers ein unmittelbarer Affront gegen das Militär sei. "Jeder schießt hier auf jeden. Jetzt hat die Regierung beschlossen, dass sie die Oberhand gewinnen muss". Die Spekulationen über einen Putsch wurden dadurch befeuert, dass Präsident Asif Ali Zardari am Donnerstag (12.01.2012) Pakistan aus privaten Gründen mit Ziel Dubai verlassen hatte. Seine Rückkehr wurde allerdings bereits am Freitag bestätigt.

"Volk ist gegen Militärherrschaft"

Pakistans Armeechef Ashfaq Parvez Kayani neben militärischem Geheimdienstchef Ahmed Shuja Pasha in Islamabad (Foto: dapd)
Armeechef Kayani (rechts) ist der starke Mann PakistansBild: dapd

Dass aber viele Pakistaner eine Flucht Zardaris für möglich halten, zeige, in welchem Zustand sich das Land befindet, so Muhammad Anwar. "Irgendwas wird passieren. Die Situation wird sich nicht beruhigen. Das Militär ist sich sicher, es mit jedem aufnehmen zu können. Erst gestern hat es das Kommando einer Spezialeinheit geändert, die für ihre zentrale Rolle bei Putschereignissen bekannt ist."

Anders schätzt Raja Pervez Ashraf, Funktionär der regierenden Pakistanischen Volkspartei (PPP), die Lage ein. "Die Regierung will keine Konfrontation zwischen den staatlichen Institutionen. Das wichtigste für Pakistan ist Einheit und Stabilität, eine Konfrontation hätte katastrophale Folgen", so der PPP-Politiker gegenüber DW-WORLD.DE.

Unterdessen beraten beide Seiten über ihre jeweiligen nächsten Schritte. Die Regierung von Premier Gilani und damit auch Präsident Zardari planen, so heißt es, ihre Position gegenüber dem Militär per Vertrauensabstimmung im Parlament zu stärken. Auch die höchsten Militärführer sind zu Konsultationen zusammengekommen. PPP-Politiker Anwar sieht vor allem einen Faktor, der gegen eine Machtergreifung des Militärs spricht. "Ein Putsch würde die Popularität der PPP gewaltig steigern, denn die Armee würde als Bedrückerin der einfachen Leute empfunden. Die Leute wollen keine Rückkehr der Armee an die Macht, alle politischen Kräfte sind dagegen."

Autor: Darren Mara (Übers.: R. Ebbighausen, H. Spross)
Redaktion: Hans Spross