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Sommer der Praktikanten

1. Juni 2006

Jeden Sommer wird Washington DC von mehr als 20.000 Collegestudenten in Beschlag genommen. Auf der Suche nach dem "perfekten" Praktikum kommen sie aus allen Teilen der Welt und den USA in die Hauptstadt.

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Wenn die Universitäten im Juni in die Sommerpause gehen und die großen amerikanischen Institutionen wie George Washington University und Georgetown ihre Pforten schließen beginnt ein multikultureller Sommer in der Hauptstadt. Neben den verschiedenen Ministerien und dem Kongress bieten Botschaften, Wissenschaftsinstitute, Anwaltskanzleien und Medienbüros, eine Vielzahl von Möglichkeiten Erfahrungen in einem politischen Umfeld zu sammeln.

Das "Memorial- Day" Wochenende spät im Mai gibt den Startschuss für diesen dreimonatigen Zeitraum, in dem durch die Straßen irrende Praktikanten mit Stadtplänen bewaffnet das Stadtbild prägen. Temperaturen um 30 Grad und eine oftmals vorherrschende hohe Luftfeuchtigkeit sind die besonderen Charakteristika eines Sommerpraktikums in Washington DC. "The Mall", das Stadtgebiet vom Lincoln Memorial im Westen und dem Kapitol im Osten, mit seinen großen Rasenflächen und Baumalleen, bietet eine willkommene Abkühlungsmöglichkeit und ist ein beliebter Treffpunkt für junge Leute.

Zwischen Urlaub und Ausbeutung

Auch wenn Praktika auf den ersten Blick als Sommerurlaub mit ein wenig Arbeit erscheinen, ist dies keinesfalls zutreffend. In der amerikanischen Arbeitswelt sind Praktika unabdingbar für jede Karriere und Voraussetzung, um nach erfolgreichem Abschluss des Studiums eine Anstellung zu finden. US-Unternehmen haben sich -ganz kapitalistisch eben- auf das Angebot an günstigen Arbeitskräften eingestellt. Praktikanten müssen daher durchaus mit Ausbeutung rechnen.

Amerikanische Collegestudenten zieht das politische Interesse auf den "Capitol Hill", wo sie unter anderem für die jeweiligen Kongressabgeordneten oder Senatoren arbeiten. Hier haben sie die Möglichkeit an Ausschusssitzungen teilzunehmen, Gesetzestexte zu überbringen und in die Welt der amerikanischen Politik einzutauchen. Nur wenige, besonders qualifizierte Studenten schaffen es bis ins Allerheiligste, das Weiße Hause. Gelegentlich sind die Geschichten und Schicksale dieser Praktikanten für einen handfesten Skandal gut, der das ganze Land in Atem hält. Dies hat der Fall der wohl berühmtesten Praktikantin, Monika Lewinsky, gezeigt. Die Sexspiele im Weißen Haus lassen sich dann in einem "Nachspiel" wunderbar vermarkten und mit der Veröffentlichung einer Biographie lassen sich Millionen von Dollar verdienen.

Praktikanten zur Zwischenmiete

Für ausländische Studenten sind Praktika bei den jeweiligen Landesbotschaften eine gute Gelegenheit ein internationales Praktikum zu absolvieren. Im Medienbereich bieten sich die Auslandsstudios des Fernsehens und Rundfunks zum kennen lernen der politischen Berichterstattung an. Neben den politischen Institutionen gibt es eine Reihe von Museen und Forschungseinrichtungen, unter anderem das Smithsonian, in denen Studenten praktische Erfahrungen sammeln können.

Da viele reguläre Studenten der Washingtoner Universitäten der Stadt während der Sommermonate den Rücken zukehren, werden die freien Kapazitäten in den Studentenwohnheimen zu überhöhten Preisen an Praktikanten weitervermietet. Verschiedene Dachterrassen mit Ausblick über die Stadt, Doppelzimmer mit privaten Badezimmern und unbeschränkter Zugang zu den Einrichtungen der Universitäten stellen sicher, dass man rundherum versorgt ist. Die George Washington University bietet hier die einmalige Gelegenheit im Herzen der Stadt zu wohnen, Studenten aus aller Welt zu treffen und erste wichtige Kontakte zu knüpfen. Sehenswürdigkeiten wie das Washington Monument befinden sich in Sichtweite und wer Glück hat den führt der Weg zum Büro allmorgendlich am Weißen Haus vorbei.

Diese Erfahrungswerte und ein erfrischendes internationales Flair entschädigen für die Tatsache, dass ein Großteil der Praktika unbezahlte und harte Arbeit ist und die Studenten selber für Unterkunft und Verpflegung aufkommen müssen. Gleichwohl werden viele Studenten im nächsten Jahr in die Hauptstadt zurückkehren und erneut am "Sommer der Praktikanten" teilnehmen.

Malte Humpert ist zurzeit Praktikant bei DW-TV in Washington