So waren die Wikinger wirklich
Bekannt sind die Wikinger als Plünderer mit Hörnerhelmen, Streitäxten und vollen Trinkhörnern. Was an den Klischees dran ist, zeigen Ausstellungsstücke in einer großen Wikinger-Schau in Rosenheim.
Im Norden zu Hause
Die ursprüngliche Heimat der Wikinger war Skandinavien: Norwegen (s. Foto), Schweden und Dänemark. Doch Ruhm, Abenteuer und Reichtum lockten die Nordmänner in die Ferne. Zwischen dem 8. und 11. Jahrhundert brachen sie mit ihren Schiffen auf – als Entdecker, Händler und nicht zuletzt als Plünderer. Ein einheitliches, zusammengehöriges "Wikingervolk" gab es jedoch nie.
Keine Hörner auf dem Kopf
Die Hörnerhelme sind das bekannteste Markenzeichen der Wikinger. Doch sie sind eigentlich nichts weiter als eine Erfindung für die Oper: In der Uraufführung Richard Wagners "Der Ring des Nibelungen" (1876) trug der Bösewicht Hunding einen Hörnerhelm. Der Mythos, Hörner und Helme hätten etwas mit nordischer Mythologie und den Wikingern zu tun, war geboren – und er hält sich bis heute hartnäckig.
Sie hatten die Haare schön
Die Wikinger als ungepflegte Barbaren mit Zottelhaaren? Die Funde zahlreicher Kämme aus der Wikingerzeit sprechen gegen dieses Klischee. Die Haarpflege spielte durchaus eine Rolle bei den Männern und Frauen im hohen Norden des Frühmittelalters. Dabei waren nicht alle Wikinger mit rotem Haarschopf gesegnet, wie unsere heutigen Karnevalskostüme vielleicht vermuten lassen würden.
Und sie hatten die Zähne schön
Um im Kampf besonders furchterregend zu wirken, unterzogen sich die Mutigsten unter den Wikingerkriegern einer ungewöhnlichen, schmerzhaften Zahnbehandlung: Sie ließen sich waagerechte Rillen in die Schneidezähne ritzen und die Kerben mit Fett oder Holzkohle schwarz einfärben. Dies ließ sich bei der Untersuchung mehrerer Schädelfunde aus der Wikingerzeit nachweisen.
Hoch die Becher
Trinkgelage tauchen mehrfach in alten Dichtungen über die Wikinger auf. Alkoholische Getränke waren offenbar beliebt. Doch nicht nur der berühmte Met aus vergorenem Honig landete in den Bechern. Die Nordleute holten auch teuren, teilweise geraubten Wein aus dem Fränkischen Reich nach Skandinavien. Die begehrte Flüssigkeit wurde in Fässern wie diesem aus Schwarzwälder Tannenholz transportiert.
Schlagkräftig durch fränkisches Superschwert
Im Mittelalter waren Schwerter mit "Ulfberht"-Klingen aus hochwertigem Stahl allerorts gefürchtet. Auch die Wikinger verbesserten ihre Schlagkraft, indem sie ihre Waffen bei der fränkischen Edelschmiede "Ulfberht" einkauften. Doch im 9. Jahrhundert verboten die Könige der Franken zeitweise den Waffenexport an die Wikinger - um nicht buchstäblich mit eigenen Waffen geschlagen zu werden.
"Micky Mouse" bei den Wikingern?
Die Wikinger waren keineswegs nur als Krieger, Siedler und Händler unterwegs, sondern widmeten sich auch dem Kunsthandwerk. Zu ihren künstlerischen Schöpfungen zählen Schmuck- ebenso wie Gebrauchsgegenstände. Der abgebildete, aus Bronze gefertigte Tierkopf aus dem 9.-10. Jahrhundert erinnert heute an die bekannte Zeichentrickmaus...
Rätselhafte Schriftzeichen
Alte Runen haben etwas Magisches an sich. Doch die Wikinger verwendeten sie längst nicht nur für kultische Inhalte, Fluchformeln oder Zaubersprüche, sondern vor allem auch für alltägliche Zwecke. So wird auf dem abgebildeten Runenstein eines verstorbenen Gefolgsmannes des dänischen Königs Sven gedacht. Mit nur 16 runischen Schriftzeichen konnten die Wikinger alle Laute wiedergeben.
Im Goldrausch
Gold galt als eines der kostbarsten Güter bei den Wikingern. Um den Schmuck der Frauen opulenter erscheinen zu lassen, vergoldete man ihn. So ist auch die abgebildete bronzene Fibel, eine feine Gewandnadel aus der Wikingerzeit, mit einer dünnen, glänzenden Goldschicht überzogen.
Wikinger-Alltag
Wie startete eine normale Wikinger-Familie am Ufer des Roskildefjords in einen normalen Frühlingstag? In der Erlebnisausstellung "Wikinger!" im Lokschoppen Rosenheim zeigt ein Illu-Strip aus 21 Zeichnungen, wie der Tagesablauf einer Wikinger-Familie ausgesehen haben könnte. Vielleicht lebte das sagenumwobene Nordvolk ja gar nicht so anders als wir heute?