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So spinnt die Spinne!

17. Mai 2010
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Eine Brückenspinne (Larinioides sclopetarius) spinnt ihr Netz (Foto: dpa)
Bild: picture alliance/dpa

Frühjahrsputz in Deutschland. So mancher Keller und Dachstuhl wird abgestaubt und von lästigen Spinnweben befreit. Eigentlich schade, denn hinter letzteren steckt echtes Hightech made by Mutter Natur. Denn Spinnfäden sind fünfmal so reißfest wie Stahl und dreimal so fest wie die derzeit besten synthetischen Fasern. Ihrem Geheimnis sind Forscher aus Bayreuth und München nun auf die Schliche gekommen.

Bisher sei es noch nicht gelungen, einen Faden zu produzieren mit ähnlichen mechanischen Eigenschaften wie bei der Spinnseide, sagt Professor Horst Kessler, von der TU München. "Die hohe Elastizität und extreme Reißfestigkeit der natürlichen Spinnenseide erreichen selbst Fasern aus reinem Spinnenseiden-Protein bisher nicht."

Spinnenfäden bestehen aus Eiweißmolekülen. Sie bilden lange Ketten aus Tausenden von Aminosäure-Bausteinen. Der Schlüssel für die extrem hohe Belastbarkeit der Spinnweben liegt aber in seiner Herstellung: In der Drüse der Spinne lagern unterschiedliche Seiden-Proteine – elastische und sehr feste. Dem bayerischem Forscherteam gelang es, mit einer kernmagnetischen Resonanz-Spektroskopie festzuhalten, wie es der Spinne gelingt, die beiden Bestandteile trotz des knappen Platzes in der Spinndrüse nicht miteinander zu vermischen. Erst wenn die Spinne einen Faden spinnt, verbinden sich beide Bestandteile in Sekundenbruchteilen zu einer super-festen Molekülkette.

Spielt der Mensch bald Spiderman?

Dank dieser entscheidenden Erkenntnis wollen die Forscher bald selbst Spinnenfäden herstellen: "Wir wollen in einem Jahr einen Faden produzieren, der die selben außergewöhnlichen mechanischen Eigenschaften besitzt wie Spinnfäden", sagt Professor Thomas Scheibel von der Universität Bayreuth. Der dafür benötigte künstliche Spinnkanal wird derzeit an der TU München entwickelt. Dass sich bald ein Superheld à la Spiderman spinnfadenschießend durch die Lüfte schwingt, darf getrost bezweifelt werden. Für die Textilindustrie könnte das reißfeste Spinngarn aber völlig neue Möglichkeiten eröffnen.

Autor: Joscha Weber (IDW/TU München/Universität Bayreuth)

Redaktion: Judith Hartl