1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Slavenka Drakulic: "Wir müssen handeln und ausliefern"

16. März 2005

Kroatische Schriftstellerin im Interview von DW-WORLD.DE

https://p.dw.com/p/6NXl


"Wir müssen handeln, wir müssen ausliefern." Das sagte die kroatische Schriftstellerin Slavenka Drakulic in einem Interview von DW-WORLD.DE, dem Internet-Angebot der Deutschen Welle. Drakulic erhält am heutigen Mittwochabend den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung. Als kroatische Bürgerin sei sie "traurig" über die Entscheidung der EU-Außenminister, die die ursprünglich für morgen geplanten Beitrittsverhandlungen verschoben hatten, da das Land nicht mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zusammenarbeite. "Auf der anderen Seite verstehe ich, dass die Bedingungen nicht erfüllt wurden", so Drakulic weiter. "Es ist ein harter Schlag für die kroatischen Politiker und die Regierung, weil sie in letzter Zeit ein anderes Gesicht gezeigt haben. Es ist traurig, aber vielleicht auch eine Lehre, dass die Europäische Union keine Versprechen erwartet, sondern Taten."


Auf die Frage, ob sie glaube, dass die kroatische Regierung den Aufenthaltsort des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Ante Gotovina kenne, erklärte Drakulic gegenüber DW-WORLD.DE, Gotovina genieße "Schutz in der Armee und in der Polizei". Die Strukturen hätten sich "seit Tudjmans Zeiten nicht grundlegend geändert. Also kann man vermuten, die Verantwortlichen in der Armee und bei der Polizei wissen es nicht nur, sondern helfen ihm möglicherweise sogar."


Ein Beitritt zur EU habe "starken symbolischen Charakter für Länder wie Kroatien. Es geht auch um viele Gefühle. Und die sind jetzt verletzt." Was für Kroatien "vielleicht schwierig zu verstehen ist, ist, dass wir ausliefern müssen", so die 55-jährige Autorin. Jetzt solle die Bevölkerung Druck auf die Regierung ausüben oder eine andere Regierung wählen.

16. März 2005
85/05