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Skandinavien: Fast korruptionsfreie Zone

28. März 2002

In internationalen Korruptionsvergleichen liegen die skandinavischen Länder meist ganz vorne: Hier sind die Politikerwesten am saubersten - aber auch nicht völlig weiß.

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Skandinavische Zeitungen müssen selten über Bestechungs-Skandale berichtenBild: Bilderbox

Im vergangenen Jahr stand Finnland mit der Traumnote 9,9 (von 10 möglichen) auf dem zweiten Platz, gefolgt von Dänemark. Unter den ersten zehn Ländern waren vier nordeuropäische, während Deutschland mit 7,4 nur auf den 13. Platz kam. Der Wohlstand und die soziale Sicherheit in den skandinavischen Ländern scheinen fast alle Versuchungen zu bremsen.

Finnland

In Finnland muss man tatsächlich schon in Archiven aus der Vorcomputer-Zeit wühlen, um einen Korruptionsskandal auszugraben. Es herrscht Ruhe an der Bestechungsfront. Der letzte Fall stammt aus dem Jahr 1982: Politiker in Helsinki hielten damals diskret die Hand auf, als Bauunternehmer um Aufträge für eine dann nie gebaute Metro kämpften.

Dänemark

In Dänemark staunen die Bürger gerade in diesen Wochen über bizarre Zustände in der Kopenhagener Vorstadt Farum: Ihr Bürgermeister Peter Brixtofte liebte die Macht, den örtlichen Fußballklub und extrem teure Weine. Für seine Steckenpferde machte er Geld aus der Gemeindekasse locker und köderte die Wähler mit Gratis-Urlaubsreisen und anderen teuren "Serviceleistungen".

Aufsichtsbehörden sahen tatenlos zu, und die Bertelsmann-Stiftung holte Farum in den erlauchten Kreis "Städte der Zukunft". Das System brach zusammen, als Journalisten die Quittungen von saftig teuren Trinkgelagen des Bürgermeisters und seines aus Kommunalpolitik, Profisport und Wirtschaft bestehenden Clans veröffentlichten.

Schweden

In Schweden können alle Bürger nach dem "Öffentlichkeitsprinzip" Kopien von jedem Behördendokument, also auch Quittungen für eine bestimmte Reise oder andere dienstliche Tätigkeiten aller Politiker bis hin zum Ministerpräsidenten verlangen.

Auf diese Weise musste die frühere Vize-Ministerpräsidenten Mona Sahlin Mitte der 90er alle Ambitionen auf das Amt der Regierungschefin begraben. Journalisten hatten einfach die Nutzung der dienstlichen Kreditkarte Sahlins durchforstet und herausgefunden, dass sie einige Male damit auch privat Schokolade der Marke Toblerone und Windeln für ihre Kinder bezahlt hatte. Dass Sahlin glaubhaft beteuerte, sie sei einfach zu schlampig in Sachen Privatökonomie, half ihr wenig.

Norwegen

In Norwegen hat Ministerpräsident Kjell Magne Bondevik die französische Anti-Korruptions-Expertin Eva Joly für das Justizministerium angeheuert: Sie soll Bestechungspraktiken bei der Verteilung der gigantischen Gas- und Öl-Reichtümer unter der Nordsee zu durchleuchten. Bei vielen Vertragsabschlüssen wecheln nach Meinung einheimischer Experten ein bis drei Prozent der Vertragssumme unter dem Tisch den Besitzer. (dpa/jf)