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Skandale und Skandälchen

Deborah Wild19. September 2002

Spendenskandal, Kölner Klüngel oder Bonusmeilen-Affäre: Kaum war in den vergangenen vier Jahren ein Skandal aus den Schlagzeilen verschwunden, wartete schon wieder die nächste Affäre darauf, aufgedeckt zu werden.

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Auch Verteidigungsminister Scharping stürzte über eine AffäreBild: AP

Nach den jüngsten Wahlprognosen sind die Aussichten der PDS schlecht, die Fünf-Prozent-Hürde bei der Bundestagswahl am 22.9.02 zu überspringen. Einen Grund dafür sehen Beobachter im Rücktritt des Berliner PDS-Wirtschaftssenators Gregor Gysi vor wenigen Wochen. Er zog damit die Konsequenzen aus der so genannten Bonusmeilen-Affäre, die durch Berichte der BILD-Zeitung ins Rollen gekommen war. Demnach hatten mehrere Bundestagsabgeordnete ihre dienstlich erworbenen Vielfliegermeilen für private Reisen verwendet. Doch genau das dürfen sie nicht. Denn dienstlich erworbene Bonusmeilen müssen auch dienstlich genutzt werden.

"Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein"

Auch Cem Özdemir, innenpolitischer Sprecher der Grünen, erklärte über diesen Fehler seine politische Karriere für beendet. Er hatte bereits einige Wochen zuvor Schlagzeilen gemacht: Er musste zugeben, vom PR-Berater und Rüstungslobbyisten Moritz Hunzinger einen günstigen Kredit bekommen zu haben - angeblich "ohne jegliche Gegenleistung".

Das beteuerte auch Verteidigungsminister Rudolf Scharping. Denn Hunzinger hatte ihm neben guten Ratschlägen auch ein Vorabhonorar von 80.000 Euro für seine Memoiren gegeben, die Scharping irgendwann zu schreiben gedenkt. Normalerweise schließt man darüber einen Vertrag. Den gab es hier jedoch nicht. Es galt vielmehr das Wort unter Ehrenmännern. Schnell lag da der Schluss der Einflussnahme, wenn nicht sogar der Bestechlichkeit in der Luft. Als Scharping seinen Sessel nicht freiwillig räumen wollte, feuerte ihn Bundeskanzler Schröder.

"Money makes the world go round"

"Geld bewegt die Welt." Das muss sich auch schon der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl gedacht haben. Als Kohl 1973 den Vorsitz der CDU übernahm, waren die Kassen der Partei leer. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, begann Kohl daraufhin, sich persönlich um Spenden zu kümmern. Um das Geld sicher zu parken, ließ er in der Schweiz ein schwarzes Konto einrichten. Bis 1999 sollen so um die 20 Millionen Mark aus unterschiedlichen Quellen zusammen gekommen sein.

Der ehemalige Schatzmeister der CDU, Walter Leisler Kiep, und Horst Weyrauch schafften diese dann nicht selten im Aktenkoffer in die Schweiz. Die illegalen Konten dienten Kohl als "Kriegskasse", wie er es nannte. Er wollte damit die in seinen Augen bedrohliche Ausbreitung des Sozialismus verhindern, resümiert das Magazin "Der Spiegel". So finanzierte man mit dem Geld Wahlkämpfe oder besserte die Kassen der Landesverbände auf. Bis heute weigert sich Helmut Kohl, die Namen der Spender zu nennen, die ihm zwischen 1993 und 1998 zwei Millionen Mark zukommen ließen. Er habe diesen Anonymität zugesichert. Und was er einmal verspreche, das breche er nicht, sagte Helmut Kohl.

Wes Brot ich ess, des Lied ich sing

Auch die Kölner SPD unterhielt Schweizer Konten. Mehr als eine halbe Millionen Mark sollen zwischen 1994 und 1999 in schwarze Kassen der Partei geflossen sein. Verschiedene Kölner Firmen haben damit auf politische Entscheidungen Einfluss nehmen wollen. Um das Geld aus der Schweiz zurück in die Kassen der SPD fließen zu lassen, stückelte der damalige Schatzmeister Manfred Biciste die Spenden in kleinere Summen. Denn so musste er diese zusammen mit den Namen der Spendern nicht im Rechenschaftsbericht der Partei ausweisen, wie es sonst bei Spenden ab 20.000 Mark vorgeschrieben ist. Dann erhielten 42 verdiente Parteimitglieder fingierte Spenden-Quittungen über diese kleineren Beträge. Erst als zwei Manager des daran beteiligten Unternehmen Anfang des Jahres wegen Verdacht auf Schmiergeldzahlung festgenommen wurden, flog der Schwindel auf.

Schon vor zwei Jahren sagte Bundespräsident Johannes Rau: "Wir haben keine Staatskrise, wohl aber eine Glaubwürdigkeitskrise in der Politik." Bereits damals hielten 86 Prozent der Deutschen in einer Umfrage des "Spiegel" die Politik für käuflich. Politikverdrossenheit und eine in den vergangenen Jahre geringer werdende Wahlbeteiligung sind die Folge.