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Simbabwe hofft aufs große Geschäft

Katrin Matthaei1. November 2013

Simbabwes Wirtschaft ist am Boden, die Bevölkerung hungert. Jetzt setzt das südafrikanische Land wieder auf den Handel mit Diamanten - die EU hat den Weg dafür frei gemacht.

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Arbeiter in der Marange-Mine in Simbabwe (Foto: AP)
Bild: AP

Wenn es um das Marange-Gebiet im Osten Simbabwes geht, bekommen Diamantenhändler glänzende Augen: Das Gebiet ist etwa so groß wie Berlin, im Boden schlummern riesige Diamantenvorkommen - die größten weltweit, schätzen manche Experten. Allein in diesem Jahr will die staatliche simbabwische Minengesellschaft Zimbabwe Mining Development Corporation (ZMDC) dort rund 17 Millionen Karat aus dem Boden holen.

Die wertvollen Steine darf Simbabwe jetzt auch wieder über Europa verkaufen - im September hatte die Europäische Union (EU) eine Sanktion gegen die ZMDC aufgehoben. Davon will auch das belgische Antwerpen profitieren, hier liegt einer der weltgrößten Handelsplätze für Edelsteine. "Simbabwe wird in den kommenden Jahren rund 25 Prozent der weltweiten Diamantenproduktion ausmachen", schätzt Caroline De Wolf, Sprecherin des "Antwerp World Diamond Centre", der Lobbyvertretung der Diamantenindustrie in Antwerpen.

Caroline De Wolf, Sprecherin des Antwerp World Diamond Center (AWDC), der Interessenvertretung der Antwerpener Diamantenindustrie (Foto: DW/Katrin Matthaei)
Lobbyistin Caroline De Wolf aus AntwerpenBild: DW/K. Matthaei

Zweifel an Simbabwes Demokratie

Das Embargo gegen Simabwes staatliche Minengesellschaft hatte die EU in Folge der brutalen Übergriffe von Sicherheitskräften auf Oppositionelle nach den Präsidentschaftswahlen von 2008 verhängt. Die EU-Außenminister sprachen sich nach fünf Jahren für eine Aufhebung aus - obwohl Wahlbeobachter der Afrikanischen Union (AU) und der Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC) deutliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Parlamentswahlen vom Juli dieses Jahres angemeldet hatten. Zwar spricht auch die EU von Demokratiedefiziten in Simbabwe - trotzdem gebe es leichte Verbesserungen, sagt der Sprecher des Europäischen Auswärtigen Dienstes, Michael Mann.

Die EU wolle das Land jetzt zu wirtschaftlichen Reformen ermutigen, damit auch die Bevölkerung vom Diamantengeschäft profitiere. Die hat von den Gewinnen bislang kaum etwas gesehen. Wirtschaftlich geht es Simbabwe schlecht - und viele Menschen müssen hungern. 2,2 Millionen Simbabwer seien in den nächsten Monaten auf internationale Nahrungsmittel-Hilfen angewiesen, schätzt das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen. Das seien so viele wie seit der Hungersnot vor drei Jahren nicht mehr.

Markt in Jambanja, Simbabwe (Foto: afp)
Diamanten gibt es genug, Lebensmittel nichtBild: Getty Images/AFP

Kritik an der Aufhebung der Sanktion

Menschenrechtler kritisieren die Aufhebung der Sanktion gegen die staatliche Minengesellschaft. Die Nichtregierungsorganisation "Global Witness" in London vermutet, dass Präsident Robert Mugabe und dessen Regierungspartei ZANU-PF mit den Diamantengewinnen der ZMDC weiterhin demokratiefeindliche Aktionen finanzierten. "Es gab bei der Parlamentswahl im Juli Hinweise auf Wahlmanipulation: Zahlreiche Bürger sollen von den Wahlurnen fern gehalten worden sein. Und es gibt den Vorwurf, dass mindestens eine Tochterfirma der ZMDC finanziell daran mitbeteiligt gewesen sein soll", sagt Emily Armistead, Simbabwe-Expertin bei Global Witness. Die EU hätte solche Vorwürfe prüfen müssen, bevor sie die Sanktion gegen die ZMDC aufhob, kritisiert die Aktivistin.

Genau das hätten die Europäer getan, bevor die Sanktion gegen die ZMDC aufgehoben worden sei, sagt EU-Sprecher Michael Mann. "Es gab keine direkten Hinweise, dass die ZMDC während des Wahlprozesses in antidemokratische Aktionen oder Verstöße gegen die Menschenrechte verwickelt war", so Mann. Der EU lägen keine Informationen vor, dass das Geld aus dem Diamantensektor in die Unterdrückung der Bevölkerung gehe. "Wenn das doch der Fall wäre, wäre es ein ernsthaftes Problem."

Trotzdem habe die EU-Sanktion das Regime an einer empfindlichen Stelle getroffen, sagt Aktivistin Armistead. Tatsächlich büßte die ZMDC rund ein Viertel des regulären Verkaufspreises für Rohdiamanten ein, weil sie die Steine nicht an der Diamantenbörse im europäischen Antwerpen handeln durfte. Stattdessen musste sie auf Zentren außerhalb der EU wie etwa Dubai oder Mumbai ausweichen - dort ist der Handelspreis deutlich niedriger.

Simabwes Präsident Robert Mugabe (Foto: rtr)
Simabwes umstrittener Präsident Robert MugabeBild: Reuters

Wie glaubwürdig ist der Kimberley-Prozess?

Emily Armistead kritisiert außerdem, dass sich die EU bei ihrer Entscheidung auf den sogenannten Kimberley-Prozess berief: Das Zertifizierungssystem der internationalen Diamantenindustrie soll die Herkunft jedes Rohdiamanten transparent und nachvollziehbar machen. Sogenannte Blut- oder Konfliktdiamanten sollen vom legalen Handel ausgeschlossen werden. Mit einem Verbot hatte der Kimberley-Prozess vor drei Jahren auch Steine aus den Marange-Gebieten belegt: Ende 2008 waren die Sicherheitskräfte brutal gegen illegale Kleinschürfer vorgegangen, um dem Staat die alleinige Kontrolle über die Minen zu sichern. Es gab mehr als 200 Tote. Inzwischen hat der Kimberley-Prozess das Verbot aber wieder aufgehoben - obwohl Marange-Diamanten offenbar weiterhin im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen stehen, wie Global Witness kritisiert. "Ein Schlüsselproblem ist, dass der Kimberley-Prozess nur den Handel mit Rohdiamanten betrifft", sagt Emily Armistead. "Aber wenn der Stein einmal zerkleinert und poliert wurde, ist es sehr schwer zu wissen, woher er ursprünglich stammt."

Neben den Freigaben für die Diamantenexporte hat Brüssel auch Einreiseverbote von 81 Simbabwern sowie Mitarbeitern von acht Firmen bis auf weiteres ausgesetzt; ihre Bankkonten in der EU sind wieder verfügbar. Weiterhin aber gilt: Europäische Firmen dürfen keine Waffen oder Polizeiausrüstung an Simbabwe verkaufen. Präsident Mugabe und seine Frau sowie weitere hochrangige Politiker und Militärangehörige sind als Gäste in der EU unerwünscht und dürfen nicht einreisen.