1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Trotzige Bundestrainerin unter Druck

11. Juli 2011

Falsche Wechsel, falsche Taktik, falsche Menschenführung - die Vorwürfe gegen Bundestrainerin Neid nach dem überraschenden WM-Aus der DFB-Frauen gegen Japan werden heftiger. Neid selbst ist daran nicht unschuldig.

https://p.dw.com/p/11tFF
Pressekonferenz Deutsche Nationalmannschaft, Sonntag (10.07.11), Wolfsburg: Bundestrainerin Silvia Neid zieht auf einer Pressekonferenz eine Bilanz ueber das Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft der Frauen bei der Weltmeisterschaft im Viertelfinale gegen Japan. (Foto: Thomas Lohnes/dapd)
Zu früh gescheitert: Bundestrainerin Silvia Neid in der KritikBild: dapd

"Ich mache mir keinen Vorwurf." Dieser Satz von Bundestrainerin Silvia Neid, ausgesprochen nach dem bitteren Viertelfinal-Aus des deutschen Nationalteams gegen Japan (0:1 n. V.) entwickelt sich zum Eigentor für die 47-jährige. Denn inzwischen mehren sich die Stimmen, die Neid sehr wohl als Verantwortliche für das schlechte Abschneiden der Titelverteidigerinnen sehen. Schließlich habe Neid optimale Bedingungen für die Turnier-Vorbereitung gehabt. Zweieinhalb Monate war das Damen-Team auf verschiedenen WM-Lehrgängen zusammen. Dafür war eigens die Frauen-Bundesligasaison vorverlegt worden. Doch während der WM-Partien war von einstudierten Spielzügen oder raffinierten Standardsituationen wenig zu sehen. Technisch und taktisch waren andere Teams besser, hinzu kamen Neids diskussionswürdige Wechsel im entscheidenden Spiel gegen Japan.

Vater von Prinz fordert Rücktritt

Birgit Prinz (v.l.), Linda Bresonik und Ariane Hingst sitzen auf der Ersatzbank.(Foto: Roberto Pfeil/dapd)
Das Verhältnis von Birgit Prinz (l.) und Neid hat gelitten

Schärfster Kritiker der Bundestrainerin ist Stefan Prinz, der Vater von Rekordnationalspielerin Birgit Prinz. In einen Radio-Interview legte er Neid den Rücktritt nahe: "Die Frau ist nicht in der Lage ein Team zu führen. Es wäre klug, wenn sie einen Strich darunter ziehen würde." Prinz warf Neid vor, die Spielerinnen durch ihr Verhalten verunsichert zu haben. Außerdem rügte er den Umgang mit seiner Tochter. Spielführerin Prinz musste nach schwachen Leistungen auf der Ersatzbank Platz nehmen, wurde von Neid auch in der kritischen Phase des Viertelfinals nicht eingewechselt. Trotz dieser Enttäuschung und offensichtlichen Meinungsverschiedenheiten mit der Trainerin wies Birgit Prinz die Aussagen ihres Vaters zurück: "Es ist nicht richtig, jetzt einer Person die Schuld zu geben." Ihr Vater habe lediglich seinem Ärger Luft machen wollen.

Kritiker auch im DFB

Im Deutschen Fußball-Bund ist man eigentlich bestrebt eine Neid-Diskussion erst gar nicht entstehen zu lassen. Schließlich wurde kurz vor der WM der Vertrag der Bundestrainerin bis 2016 verlängert. DFB-Präsident Theo Zwanziger sagte nach dem kläglichen WM-Aus demonstrativ: "Sie ist die beste Trainerin, die wir haben können." Im Verband sind längst nicht alle seiner Meinung. DFB-Vizepräsident Rolf Hocke legte der Bundestrainerin nahe, Kritik besser anzunehmen: "Letztlich muss sich auch Silvia Neid bestimmte Fragen gefallen lassen." Das schlechte Abschneiden der DFB-Frauen sei eine große Enttäuschung, so Hocke.

Schnell zurück zu alter Stärke

Trainer Bernd Schröder von Potsdam (Foto: Bernd Settnik dpa/lbn)
Potsdams Meistercoach Schröder hatte Neid schon vor der WM kritisiertBild: picture-alliance/dpa

Für die deutschen Kickerinnen und ihre Trainerin wiegt das Ausscheiden doppelt schwer. Sie haben nicht nur die Chance verpasst dem Frauen-Fußball mit einem begeisternden Turnier einen größeren Schub mitzugeben, sondern auch noch die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2012 in London verspielt. "Ganz schlimm", findet das Neid-Dauerkritiker Bernd Schröder, Trainer von Turbine Potsdam, "weil es nicht unserer Stellung im Frauenfußball entspricht." Manager Siegfried Dietrich vom Ligakonkurrenten 1. FFC Frankfurt forderte mit Blick auf die anstehende EM-Qualifikation eine Kursänderung von Neid: "Sie muss sich auch langfristig fragen, wie sie das Boot wieder ins Fahrwasser bekommt." Im September beginnt für die entthronten Weltmeisterinnen der Weg zur EM 2013 in Schweden. Bis dahin wird auch Silvia Neid das verkorkste WM-Turnier analysiert haben. Denn neben dem trotzigen "ich habe mir nichts vorzuwerfen", sagte sie auch noch: "Wir werden uns in ein zwei Wochen zusammensetzen und das Ganze Revue passieren lassen."

Autor: Jens Krepela (sid/dpa)
Redaktion: Arnd Riekmann