1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Signal für die deutsch-russische Versöhnung

9. Mai 2011

Eine Mehrheit der Russen lehnt laut einer aktuellen repräsentativen Umfrage eine Beteiligung der deutschen Armee bei der Parade zum 9. Mai ab. Ingo Mannteufel sieht dennoch darin ein positives Zeichen.

https://p.dw.com/p/RMDf
Bild: DW

Vor einem Jahr, zum 65. Jahrestag des Kriegsendes, sprach der russische Präsident Dmitri Medwedew eine historische Einladung aus: Erstmals durften Militäreinheiten aus Polen, Frankreich, Großbritannien und den USA bei der russischen Militärparade auf dem Roten Platz am Tag des Sieges über Hitler-Deutschland mitmarschieren. Dies entsprach nicht nur der historisch korrekten Erinnerung an die Anti-Hitler-Koalition aus dem Zweiten Weltkrieg. Vielmehr sollte damit auch eine politische Annäherung Russlands an den Westen und Europa unterstrichen werden.

Bundeskanzler Schröder unter den Siegern

Portrait von Ingo Mannteufel (Foto: DW)
Ingo Mannteufel, Leiter der Russischen Redaktion der Deutschen WelleBild: DW

Bereits vor sechs Jahren, zum 60. Jahrestag des Kriegsendes, hatte Gerhard Schröder als erster deutscher Regierungschef an der Militärparade auf dem Roten Platz teilgenommen. Dabei durfte er unter den Weltkriegs-Siegern auf der ersten zentralen Bankreihe Platz nehmen, nur wenige Plätze vom damaligen russischen Präsidenten Wladimir Putin entfernt. Weltweit, aber besonders in Deutschland und Russland wurde dies als eine große Geste gegenüber dem Vertreter des Angreifers und Feinds von einst gewertet. Putin begründete seine Einladung an Schröder explizit mit der historischen Aussöhnung, die zwischen Russland und Deutschland in der Nachkriegszeit stattgefunden hatte.

Eine im Auftrag der Deutschen Welle im April 2011 durchgeführte repräsentative Umfrage hat nun ergeben, dass eine deutliche Mehrheit der russischen Bevölkerung (57 Prozent) eine Teilnahme der deutschen Bundeswehr bei der Militärparade am 9. Mai ablehnt.

Deutsch-russische Aussöhnung bestätigt

Dieses Ergebnis stellt aber in keiner Weise die historische Aussöhnung zwischen Russland und Deutschland in Frage. Im Gegenteil: Bei genauerer Betrachtung sind die Umfrageergebnisse in Deutschland mit Freude zu Kenntnis zu nehmen. Denn fast die Hälfte der befragten Russen lehnt die Teilnahme der deutschen Armee mit der Begründung ab, dass dies aus historischer Sicht einfach nicht richtig sei. Dahinter steckt also ein ganz nüchterner und gelassener Blick auf die Frage. Nur acht Prozent begründeten ihre Ablehnung damit, dass ihnen die Deutschen noch immer suspekt seien. Dies ist angesichts der von deutscher Seite begangenen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg eine erstaunlich geringe Zahl.

Fast überraschend ist sogar die Tatsache, dass 29 Prozent eine Beteiligung der Bundeswehr befürworten, da das heutige Deutschland nichts mit dem Deutschland von 1945 zu tun habe. Und unter der jüngsten befragten Bevölkerungsgruppe, der 18- bis 29-Jährigen, würden sogar 37 Prozent eine Teilnahme der Bundeswehr befürworten.

Der DW-Trend zeigt daher auch in dieser Frage, wie tiefgreifend sich das Verhältnis der Russen zu den Deutschen gewandelt hat und wie stark die historische Aussöhnung mit den Deutschen in der russischen Gesellschaft verwurzelt ist. Es ist also ein rundherum historisches Umfrageergebnis zu diesem geschichtlich so bedeutenden Tag. Und vielleicht wird ein russischer Präsident irgendwann eine weitere historische Einladung zur Parade am 9. Mai aussprechen.

Autor: Ingo Mannteufel

Redaktion: Markian Ostaptschuk