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Erfolgreiche Wahlen

Ute Schaeffer17. August 2007

Die ersten Wahlen seit Abzug der UN-Truppen vor zwei Jahren galten als Test für den Versöhnungsprozess in Sierra Leone. Wahlbeobachter sind zufrieden. Kann sich das Land nun aus Gewalt und Anarchie befreien?

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Bild: DW

Erste Trends deuten auf einen Sieg der größten Oppositionspartei Allgemeiner Volkskongress (APC) – der früheren Einheitspartei. Auch bei der gleichzeitig abgehaltenen Präsidentenwahl liegt der APC mit seinem Kandidaten Ernest Bai Koroma vorne – und damit vor dem Favoriten, dem amtierenden Vize-Staatschef Solomon Berewa von der Volkspartei (SLPP).

Für die Weltbank ist Sierra Leone schon längst eine Erfolgsgeschichte. In ihrem diesjährigen Bericht zu guter Regierungsführung gehört das Land – wie sein Nachbar Liberia – zu den Spitzenreitern in Sachen Fortschritt bei guter und effizienter Regierungsführung, Korruptionskontrolle, politischer Stabilität. Zieht man die Ausgangslage in Betracht, so sind das wirklich gute Nachrichten. Sie widerlegen das Image vom Krisendreieck Westafrikas: Liberia, Guinea, Sierra Leone. Über lange Zeit waren sie Synonym für Anarchie und Gewalt und untermauerten die These vom unrettbaren Krisenkontinent Afrika.

Vom Symbol des Scheiterns zum Hoffnungsträger

Nun können Länder wie Sierra Leone oder das benachbarte Liberia zum Hoffnungsträger für ganz Afrika werden. Sie treten den Beweis an, dass auch durch Krieg und Gewaltherrschaft zerstörte Staaten sich aus dem Teufelskreis von Armut und Gewalt befreien können – vorausgesetzt, es gibt den politischen Willen. Der politische Wille der Mehrheit der Menschen in Sierra Leone ist da. Die Wahlen vom vergangenen Wochenende haben das gezeigt: Sie verliefen ruhig und friedlich, frei und fair – die Beteiligung war hoch.

Noch ist unklar, wer das Amt des Präsidenten bekleiden wird. Zu beneiden ist er um die Aufgabe nicht: Es geht um den Neuaufbau staatlicher, wirtschaftlicher Institutionen, um Werben bei der Internationalen Gemeinschaft, darum, den Frieden zu schaffen in einer kriegsmüden und Gewalt erfahrenen Gesellschaft. Die Präsidentin des Nachbarlandes Liberia – Ellen Johnson-Sirleaf – macht vor, welch harte und konsequente Politik nötig ist, um diese Herkulesaufgabe erfolgreich zu bewältigen. Die Ausgangslage der beiden Staaten ist vergleichbar: Hier wie dort gibt es keine funktionierenden Systeme in Verwaltung, Wirtschaft und Justiz, zwei Drittel aller Kinder und Jugendlichen sind Analphabeten, drei von vier jungen Leuten finden keine Arbeit. Von den ehemaligen Milizen der Kriegsparteien geht immer ein hohes Gewaltpotential aus, ein Heer von Kindersoldaten will integriert sein.

Vorbild Liberia

Ohne Sicherheit könne man keine Zukunft gestalten, schloss die eiserne Lady von Liberia, Johnson-Sirleaf, nach ihrer Wahl. Und implementierte eine rigorose Wirtschaftspolitik und Anti-Korruptionskampagne. Als erstes feuerte sie die gesamte Belegschaft des Finanzministeriums wegen Korruption. Sie hielt sich mit großen Versprechen zurück und stellt die Jugend in den Mittelpunkt ihrer bildungspolitischen Arbeit. "Die Zukunft hält wieder ein Versprechen bereit" – dieses Ziel wollte die Präsidentin bei ihrer Wahl vor zwei Jahren erreichen. Mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft ist ihr das gelungen.

Unterstützung von außen wird auch Sierra Leone bei der anstehenden Kraftanstrengung weiterhin brauchen: Erst das militärische Einschreiten westafrikanischer Ecomog-Truppen im Jahr 1999 und der Vereinten Nationen beendete den Krieg. Und nur die starke UN-Präsenz seit den ersten Wahlen 2002 sorgte für relative Ruhe und Sicherheit. Das UN-Sondertribunal für Sierra Leone hat im Juni seine ersten Urteile gefällt – gegen Mitglieder der Militärjunta, die das Land während des Bürgerkriegs regierte. Und Charles Taylor, der brutale Warlord, der von Liberia aus den Bürgerkrieg betrieb, muss sich ebenfalls vor dem Sondergericht verantworten.

Sierra Leone ist in der Tat kein gescheiterter Staat mehr – der erste wichtige Schritt wurde mit der Wahl getan. Doch damit in dem immer noch zerbrechlichen Staat stabile Demokratie und nachhaltige Entwicklung entstehen können, bleibt die internationale Gemeinschaft gefordert.