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Sierens China: Wind of Change

6. August 2015

Chinesische Windräder werden günstiger und besser. Aber das Netz ist ineffizient. Und Kohle ist immer noch die wichtigste Energiequelle in China, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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Windrad in China (Foto: LIU JIN/AFP/Getty Images)
Bild: Getty Images/AFP/L. Jin

Erst haben die Chinesen mit ihren Solaranlagen die Deutschen ins Aus gedrängt. Die chinesischen Anlagen sind besser und billiger. Nun haben sie auch in der Windkraft den großen Durchbruch. China hat in nur zehn Jahren Deutschland und sogar die USA überholt. Mit gut 110 Gigawatt pro Jahr sind in China fast dreimal so hohe Kapazitäten installiert wie in Deutschland mit rund 40 Gigawatt.

Allerdings kommen die weltweit größten Turbinenhersteller immer noch aus dem Westen. Siemens aus Deutschland, General Electric aus den USA und Vestas aus Dänemark lagen 2014 auf den ersten drei Plätzen. Erst auf Platz vier das erste chinesische Unternehmen Goldwind. Goldwind ist sogar im Vergleich zum Vorjahr wieder um einen Platz zurückgefallen. Doch holt das Hauptfeld mit großen Schritten auf. In den Top 15 der Welt sind mittlerweile mehr als die Hälfte chinesische Turbinenhersteller.

Chinesische Windräder sind inzwischen so bezahlbar und leistungsfähig, dass sie auch exportiert werden – wenn auch noch nicht nach Deutschland oder in die USA, sondern erst einmal in Schwellenländer. Anfang der Woche erst hat China ein Abkommen mit Pakistan geschlossen: Für gut 115 Millionen US-Dollar investiert China in Windkraftanlagen in Pakistans Süden, die genug Strom erzeugen, um die in der Region lebenden 100.000 Familien zu versorgen.

Frank Sieren (Foto: privat)
Frank SierenBild: Frank Sieren

Die Anlage soll im Juni nächsten Jahres fertiggestellt werden und im September in Betrieb genommen werden. Entscheidend bei diesem Geschäft für Pakistan: China bringt die Finanzierung gleich mit. Der größte Vorteil gegenüber den westlichen Wettbewerbern. Allerdings sind die Windmühlen selbst für Pakistan eine kleine Investition. Gleichzeitig investiert Peking rund 6,5 Milliarden Dollar für den Bau neuer Atomkraftwerke in Pakistan.

Kohle noch immer wichtigste Energiequelle in China

Im eigenen Land bleibt Peking realistisch, wenn es darum geht einzuschätzen, welche Rolle die Windenergie spielen kann, um von der umweltschädlichen Kohle wegzukommen. Es muss noch sehr viel getan werden: Immer noch werden knapp 70 Prozent des Stroms in China aus Kohle gewonnen. Der Anteil der Windenergie liegt hingegen erst bei drei Prozent. Und das trotz eines starken Wachstums: In der ersten Hälfte dieses Jahres wurden in China knapp 100 Milliarden Kilowattstunden eingespeist. Das sind mehr als 20 Prozent plus im Vergleich zum vergangenen Jahr.

Doch genau das ist auch das Problem: Es wurden zu schnell zu viele Windmühlen aufgebaut. Der Engpass ist nun wie in Deutschland das Netz. Tausende Kilometer lange Stromleitungen überspannen mittlerweile China, um den Strom aus dem windreichen Westen in den energiehungrigen Osten zu bringen.

Jedes Jahr gehen in China jedoch Milliarden Kilowattstunden verloren, weil die Stromtrassen zu lang und zu schlecht sind, oder die Windmühlen noch nicht angeschlossen sind oder schlecht gewartet werden. Und weil das Stromnetz in Stoßzeiten zu klein ist. Deshalb liefen viele Windräder im ersten Halbjahr dieses Jahres zwar fleißig - aber ins Leere: Rund 17,5 Milliarden Kilowatt-Stunden gingen verloren. Das ist ein neuer Rekord: sieben Prozent mehr verlorene Kilowatt-Stunden als 2014. Insgesamt gut 15 Prozent Verlust im Wert von 140 Millionen US-Dollar.

Immerhin wächst die Windkraft noch drei Mal schneller als die Verluste. Dennoch ist das sehr ärgerlich. Um die Wege zu verkürzen, wären mehr Offshore-Windkraftanlagen sinnvoll, die direkt an der energiehungrigen Küste platziert werden könnten. Von Windkraft auf dem Wasser versteht man in China allerdings noch wenig. Das können die Deutschen am besten. Siemens ist Offshore Weltmarktführer.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.