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Unbemannter Marktkampf

Frank Sieren21. September 2015

China produziert preiswerte Kampfdrohnen und verkauft sie erfolgreich ins Ausland. Zusammen mit den USA sollte China dafür sorgen, dass diese Drohnen nicht in falsche Hände geraten, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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Die Drohne CH-4 des chinesischen Unternehmens CASC (China Aerospace Science and Technology Corporation) bei einer Luftfahrtshow in Zhuhai, China (Foto: picture alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/D. Azubel

Auf Chinas Liste mit Gütern, deren Export künftig eingeschränkt wird, befinden sich neuerdings auch Drohnen. Nationale Sicherheit, so begründete das chinesische Handelsministerium die Entscheidung. Das Ministerium entschloss sich dazu, nachdem auf Twitter Bilder von einer abgestürzten Kampfdrohne in Borno gezeigt wurden, dem nordöstlichsten Bundesstaat Nigerias. Es war das Model CH-3 des chinesischen Staatsunternehmens China Aerospace Science and Technology Corporation, kurz CASC. Bestückt war die Drohne nicht etwa nur mit einer Kamera, sondern mit chinesischen AR-1 Raketen. Zwar war Fachleuten bekannt, dass Nigeria 2014 fünf dieser unbemannten Flugzeuge für den Kampf gegen die Extremistengruppe Boko Haram gekauft hatte. Doch die Fotos waren nun der erste Beweis dafür, dass diese auch im Kampf eingesetzt werden.

Das ist nur auf den ersten Blick ein richtiger Schritt. Obwohl die Regierung sich bei ihren Waffenexporten sehr bedeckt hält, kann man nach Berichten der Staatsmedien davon ausgehen, dass es mindestens neun Länder sind, die Peking schon unbemannte Militärflugzeuge abgekauft haben. Das Model CH-3 von CASC ist dabei der Verkaufsschlager. Auch Pakistan setzt auf diese Technik. Als die pakistanische Armee vor 14 Tagen den ersten erfolgreichen Einsatz ihrer neuen Drohne namens Burraq verkündete, sahen Militärexperten große Ähnlichkeiten zum chinesischen Modell. Ein weiterer Abnehmer könnte Jordanien sein, dem China ebenfalls Mitte dieses Jahres waffenfähige Militärdrohnen angeboten hat.

Marktlücke für chinesische Drohnen

Peking hat sich dabei auf eine Marktlücke spezialisiert: Länder, mit denen Washington nicht zusammenarbeitet. Der Export ist so strikt geregelt, dass bislang offiziell nur die Engländer bewaffnete US-Drohnen erstehen konnten. Viel lieber lassen die Amerikaner sich anheuern, um eigene Einsätze zu fliegen. So etwa in Nigeria, wo amerikanische Drohnen die Region nach Stützpunkten der Boko Haram auskundschaften. Die sensiblen Informationen werden dann erst durch die amerikanische Botschaft an das heimische Militär weitergegeben. Erst dann gibt es eine Auswertung für die nigerianische Regierung. Das Gleiche gilt auch für Pakistan oder Jordanien. Das ist den Regierungen dieser Länder zu umständlich.

Zwar sind die chinesischen Drohnen technisch noch rückständig, aber die Kunden können eben selbst entscheiden, wie und wann sie ihre Drohnen benutzten. Und natürlich spielen die Kosten eine Rolle. Die Wing Loong Drohne der Firma Aviation Industry Corp of China (Avic) kostet eine Million US-Dollar. Das ist ein richtiges Schnäppchen im Vergleich zum amerikanischen Gegenstück. Das technisch ähnliche Modell der US-Regierung Reaper schlägt mit stolzen 30 Millionen Dollar zu Buche. Mit diesem Preisvorteil will Avic 2023 der weltweit größte Hersteller von Militärdrohnen werden. Daran wird auch die Exportbeschränkung nicht viel ändern. Selbst für westliche Experten ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis chinesische Drohnen technisch mit denen aus Amerika und Israel mithalten können.

Frank Sieren, DW-Kolumnist (Foto: Sieren)
DW-Kolumnist Frank SierenBild: Frank Sieren

Zusammenarbeit für Reglementierung?

Die Exportbeschränkungen Pekings zielen ins Leere. Und das, obwohl im August ein neues Gesetz in Kraft getreten ist, das für Drohnen ab einer bestimmten Größe und Leistungskraft für den Export eine Erlaubnis von offizieller Stelle fordert. Dabei geht es jedoch vor allem darum zu verhindern, dass die Drohne in die Hände der Boko Haram oder IS kommt. Es wäre politisch ein Super-GAU, wenn eine chinesische Drohne eine amerikanische beschießen würde. Die Bereitschaft, Geld in unbemannte Systeme zu stecken, ist jedoch auch beim chinesischen Militär weiterhin sehr groß.

Nach Schätzungen des Pentagons wird China zwischen 2014 und 2023 mehr als zehn Milliarden Dollar für mehr als 41.800 unbemannte Land- und Wassereinheiten ausgeben. Die Schätzungen dienen natürlich dazu, die Politiker in Washington zu überzeugen, dass auch die amerikanischen Hersteller exportieren dürfen. Früher oder später wird die Politik nachgeben. Und das chinesische Gesetz wird den Missbrauch nicht verhindern können. Am sinnvollsten wäre es, wenn sich die USA und China zusammensetzen würden, um gemeinsam zu verhindern, dass die Drohnen in falsche Hände gerieten. Voraussetzung dafür ist gegenseitige Transparenz. Doch davon sind die aufsteigende und die amtierende Weltmacht weit entfernt.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.