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Politik

Sierens China: Mr. Bean auf Asientour

Frank Sieren
15. November 2017

Donald Trumps zwölftägige Reise wird womöglich als letzter Versuch in die Geschichte eingehen, der Machtverschiebung in Asien Herr zu werden. Deutlich wurde vor allem die Ratlosigkeit Washingtons, meint Frank Sieren.

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Donald Trump, Rodrigo Duterte, Nguyen Xuan Phuc
Bild: picture-alliance/dpa/A. Harnik

"Gaga-Gipfel in Asien" titelte das deutsche Boulevard-Blatt "Bild" anlässlich von Donald Trumps Besuch beim Gipfel der zehn ASEAN-Staaten in Manila. Dort hatte der US-Präsident den traditionellen Überkreuz-Handschlag des süostasiatischen Staatenbundes vermasselt und mit seinen verwirrten Verrenkungen für Spott gesorgt. Verbale Verrenkungen sind ihm in jedem Land seiner zwölftägigen Asienreise passiert, die am Dienstag zu Ende ging. Nun ist er auch in Asien der Mr. Bean der Weltpolitik.

Es ist diese unfreiwillige Komik, die selbst in vergleichsweise seriösen Reden des 71-Jährigen durchscheint. Und vor allem wurde selbst bei seinen stringentesten Ansprachen vor dem südkoreanischen Parlament und der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) in Vietnam deutlich, dass sein Land kaum noch etwas Substanzielles anzubieten hat für die Staaten des "Indo-Pazifik". So nennt Washington den asiatisch-pazifischen Raum seit neuestem - wohl auch, um Indien als strategischen Partner gegenüber dem immer mächtiger werdenden China aufzuwerten.

Xi Jinping hat Geld und einen Plan

Doch das ist mehr Hoffnung als Realität. Denn Geld hat Trump nicht, seine Armee ist umstritten, die amerikanischen Werte sind längst diskreditiert und sein Charisma wirkt nicht universell. Da wird es schwierig zu punkten, selbst wenn man gutmütig ist, was Trump auf dieser Reise zweifellos war. Chinas Präsident Xi Jinping hingegen hat Geld und einen Plan. Charisma hat er weniger und nimmt es mit den Werten nicht so genau - aber er hat Erfolg. Die "Neue Seidenstraße" ist nur eines seiner beeindruckenden Projekte.

Frank Sieren *PROVISORISCH*
DW-Kolumnist Frank SierenBild: picture-alliance/dpa/M. Tirl

Da hat es Trump im Vergleich schwer. Die Zukunft der USA steht und fällt jedoch mit einem guten Verhältnis zu den zehn ASEAN-Staaten Indonesien, Malaysia, Thailand, Singapur, den Philippinen, Brunei, Vietnam, Kambodscha, Laos und Myanmar. Die bilden inzwischen zusammen einen Binnenmarkt, der schon heute der drittgrößte Wirtschaftsraum der Welt ist - mit einem jährlichen Wachstum von rund fünf Prozent. Trump ist es nicht gelungen, den Vertrauensverlust, der mit der einseitigen Aufkündigung der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) entstanden ist, wieder gut zu machen.

Dabei half auch nicht, dass er die asiatischen Staaten aufforderte, vergleichbar zu "America first", ihre eigenen Interessen ebenfalls in der Vordergrund zu stellen. Trump hat das multilaterale TPP-Freihandelsabkommen als "Jobkiller" und "Katastrophe" für die USA verdammt und gleich an seinem ersten Arbeitstag öffentlichkeitswirksam beendet. Sein Vorgänger Barack Obama hatte in dem Abkommen nicht nur eine Chance für die amerikanische Wirtschaft gesehen, sondern auch ein Gegengewicht zu China, die zu TPP nicht eingeladen waren. Nun zucken die Asiaten mit den Schultern und binden sich - sie brauchen ja Partner - enger und enger an China. Ein schwacher Trost, dass die verbleibenden elf TPP-Staaten um Japan und Australien weiter an dem Freihandelspakt arbeiten wollen - nun eben ohne die USA.

Selbst traditionelle Partner orientieren sich an Peking

Der Systemkampf um "westliche Werte" und "Demokratie" zieht nicht mehr, wenn es Washington darum geht, ein wenig Achtung zu bekommen. Selbst traditionelle Partner der USA wie Thailand und die Philippinen haben sich mittlerweile Pekings zentralistisches Regierungsmodell zum Vorbild genommen. Sie wollen durchaus noch mit den Amerikanern zusammenarbeiten, aber sich nicht mehr mit ihnen gemeinsam gegen China stemmen - im Gegenteil. Jenseits von Nordkorea, "der Hölle, die kein Mensch verdiene", wie Trump in Südkorea erklärte, fand das Thema Menschenrechte nach westlichem Verständnis während seiner Asienreise dann auch so gut wie keine Erwähnung.

Bei Chinas Staatschef Xi Jinping setzte sich der US-Präsident immerhin für drei College-Basketballspieler aus Los Angeles ein, die kurz zuvor in der südchinesischen Stadt Hangzhou wegen Ladendiebstahls verhaftet worden waren. Dass ihn über 50 weltbekannte Schriftsteller im Vorfeld seiner Reise über einen offenen Brief aufgefordert hatten, sich für die Freilassung von Liu Xia, der Witwe des verstorbenen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo stark zu machen, interessierte Trump nicht. Selbst wenn ihr Schicksal ihm persönlich gleichgültig sein sollte, verpasste er doch auch die Chance, wenigstens machtpolitisch darauf hinzuweisen.

Ein verkorkster Handschlag als Symbol

Als er dann beim Gipfeltreffen der APEC-Staaten in Vietnam gegen betrügerische Handelspraktiken der Chinesen wetterte - ohne das Land jedoch eindeutig beim Namen zu nennen, bekam er keinen Applaus. Den ASEAN-Staaten hatte er bei seinem anschließenden Besuch in Manila außer widersprüchlichen Signalen, Plattitüden über "erfolgreiche Beziehungen" und dem Angebot, als Mediator bei der Frage um das Südchinesische Meer fungieren zu wollen, nur wenig zu bieten. Ganz im Gegensatz zu Xi Jinping, der sich in Vietnam als Partner für Hanois "globales Netzwerk" anbot.

Und so ist Trumps verkorkster Handschlag beim ASEAN-Gipfel eben doch ein Symbol, das weit über den viralen Lacher im Internet hinausweist. Trumps zwölftägige Asienreise bleibt vor allem als ungelenker Eiertanz in Erinnerung - und als Meilenstein auf dem Abstiegspfad einer Weltmacht, die nicht einmal mehr im Westen auf ihre moralische Überlegenheit verweisen kann.

Unser Kolumnist Frank Sieren lebt seit über 20 Jahren in Peking.