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Sierens China: Geschäftsmodell Fußballstadion

Frank Sieren
13. Oktober 2016

Chinas Fußballtraum macht Stadionbauer Reeze Fan reich. Eine Fußballnation wie etwa Deutschland ist damit allerdings noch nicht entstanden, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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China Fußballfans
Bild: Getty Images

"Komm zu uns, bau mir ein Fußballstadion." Das bekommt Reeze Fan seit einiger Zeit immer wieder von Sportkadern der chinesischen Regierung zu hören. Fan baut schon seit 2008 Fußballstadien samt integrierten Freizeitcentern in ganz China. Sein Geschäft boomt. Vor allem seitdem Staats- und Parteichef Xi Jinping vor zwei Jahren begann, einen Fußballtraum für China zu hegen: "Ein Aufleben des Fußballs ist entscheidend auf Chinas Weg zu einer Sportnation", lautete sein Diktum. Er will, dass jedes neue Wohnprojekt in China ein Fußballfeld einplant.

Gleichzeitig war es der Startschuss für viele chinesische Investoren, im Ausland auf Shoppingtour zu gehen und Fußballclubs zu kaufen. Clubs wie Aston Villa gehören inzwischen zu 100 Prozent chinesischen Geldgebern, Slavia Prag zu 60 Prozent, Espanyol Barcelona zu 56 Prozent und sogar Atletico Madrid zu 20 Prozent. Allein seit Ende vergangenen Jahres wurden Deals im Wert von insgesamt drei Milliarden Dollar gemacht. Fan ist einer, der auf der chinesischen Seite von Chinas Zielen profitiert. Fan besitzt schon 25 Stadien in 20 Städten. Und Fans Firma SoccerWorld gehört damit bereits zu den größten Playern in China, wenn es um den Bau von Fußballstadien geht. Das Geschäft läuft immer besser und es gibt kaum Wettbewerber.

Hunderte Millionen für Ausbau der Stadien

Frank Sieren *PROVISORISCH*
DW-Kolumnist Frank SierenBild: picture-alliance/dpa/M. Tirl

So hat Fan Anfang des Jahres von Sequoia Capital China und der staatlichen Private Equity Firma China Media Capital Investitionen erhalten. Damit will Fan nun die Zahl der Stadien, die sein Unternehmen betreibt, bis Ende 2017 auf 60 erweitern. Bis 2022 schon will er weitere 500 Millionen Yuan (74,8 Millionen US-Dollar) ausgegeben haben und dann 150 Stadien betreiben. Mit Sicherheit hat Fan den einfachsten Job, wenn es um den Aufbau einer Fußballnation geht. Denn er kann garantieren, dass die Qualität der Stadien gut ist, und wird nicht für die Mannschaften verantwortlich gemacht.

Das ist sein Glück. Denn ein Vereinssystem aufzubauen, wie es dies in Deutschland in jeder kleinen Stadt gibt, und darin ein Scouting-System für den Profinachwuchs zu entwickeln, schafft auch China nicht in einem Jahrzehnt.Dagegen ist Fans Geschäftsmodell relativ simpel. Er schließt Verträge mit Lokalregierungen in ganz China ab, um alte von den Kommunen nur notdürftige gewartete städtische Fußballfelder zu Fußballstadien mit Freizeitcentern umzugestalten. Diese haben dann Umkleidekabinen, Verleihstände und neue Kunstrasenfelder. Die Einnahmen generiert Fan durch Mieten, die Privatleute oder Schulen und Krankenhäuser bezahlen, um seine Freizeitcenter zu nutzen. Der Unternehmer gibt an, dass seine Center zu 75 Prozent ausgelastet sind.

Basketball vs. Fußball

Fan ist jemand, der auf den Yuan schaut. Er hat Finanzen in Schottland studiert. Dort hat er Fußball in den von der britischen Firma Goals betriebenen Freizeitcentern gespielt. Dabei kam ihm die Idee, dieses Modell auch nach China zu bringen. Um eine Finanzierung zu bekommen, kratzte er sein letztes Geld zusammen, um Lokalpolitiker zum Essen einzuladen, damit sie ihm einen Auftrag geben. Um seine beiden ersten Freizeitcenter in Shanghai zu eröffnen, musste er sich bei Freunden Geld leihen. Damals war das ein ziemlich riskantes Geschäft, weil die Politik den Fußball noch nicht erkannt hatte, und es ganz so aussah, als ob Basketball das Rennen machen würde.

Das würde in den dicht bebauten Städten Chinas eher Sinn machen, weil man kleinere Spielfelder braucht und man einen Korb an fast jede Wand schrauben kann. Und tatsächlich kam dann mit Yao Ming, der erste weltbekannte chinesische Mannschaftssportler aus dem Basketball. Als Präsident Xi sein Amt übernahm, stellte er eine simple Frage: Welches sportliche Großereignis ist neben den Olympischen Spielen global das wichtigste, um die Softpower eines Landes zu entwickeln. Das ist zweifellos die Fußballweltmeisterschaft. Also lautete seine Entscheidung: Den Fußball fördern. Und plötzlich war Fan im Zentrum des Geschehens. Nun muss er sich um seine Einnahmen keine Sorgen mehr machen.

Fußball kicken statt Geige spielen

Der Wunsch Xis ist den Kommunen ein Befehl. Immer mehr Kinder sollen nun – statt Basketball oder Geige – Fußball spielen lernen. Und auch mit Manchester City, deren Investor China Media Capital auch Fans Investor ist, will Fan zusammenarbeiten. Wenn künftig Manchester City zweimal im Jahr Trainer für Chinas Schulen entsendet, werden die Trainingscamps in seinen Stadien sein. Hoffentlich hat der nächste Staatspräsident, der schon in gut fünf Jahren übernimmt, nicht einen anderen Lieblingssport.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit mehr als 20 Jahren in Peking.