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Reise in den Westen läuft am besten im Osten

Frank Sieren29. Juli 2015

Der chinesische Film "Monkey King" bricht alle Rekorde. Und er verrät viel über das chinesische Kinopublikum, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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The Monkey King Film China Filmplakat Ausschnitt
Bild: Global Star Productions

Es hat lange gedauert, aber nun ist es passiert: Der neue chinesische Animationsfilm "Monkey King: Hero Is Back" hat alle Rekorde gebrochen. Acht Jahre haben der Regisseur und die Designer an der animierten Verfilmung der berühmten chinesischen Geschichte "Reise in den Westen" gebastelt und geschraubt. Und das Ergebnis lässt Hollywood alt aussehen: Mit knapp 100 Millionen eingespielten US-Dollar nach nur 14 Tagen seit der Veröffentlichung steht der Animationsstreifen nicht nur in China auf Platz eins der Animationsfilme, sondern auch weltweit. Den bisherigen Spitzenreiter "Kung Fu Panda 2" aus Hollywood überholte er mit rund einer halben Million US-Dollar an Einnahmen.

Mit diesem neuen Rekord katapultiert sich Chinas Filmindustrie jetzt zumindest in der Animationssparte immer mehr an die Spitze, die bis vor Kurzem hauptsächlich von Filmen wie "Bay Max" oder "Ice Age" aus den USA und "Doraemon" aus Japan angeführt wurde. Neben den hohen Einnahmen an den Kinokassen wird der Film auch zwei Wochen nach seiner Veröffentlichung noch in mehr als zehn Prozent der landesweiten Kinos gezeigt. Normalerweise weiß niemand mehr, was vor zwei Wochen in den Kinos lief – besonders in China, wo das Kinoprogramm oft im Tagesrhythmus wechselt.

Ungewöhnliche Finanzierungsmethoden

Die Budgets der Filme müssten eigentlich gigantisch sein und die Spezialeffekte, besonders im 3D-Bereich, überwältigend. Doch "Monkey King" hatte gerademal umgerechnet 16 Millionen US-Dollar gekostet, die über die acht Jahre mühsam zusammengekratzt worden sind. 113.000 US-Dollar davon wurden beispielsweise durch eine Kampagne im Internet gesammelt. Sie bot privaten Investoren an, die Namen ihrer Kinder im Abspann zu erwähnen, wenn sie einen größeren Betrag beisteuerten. Auch bekannte chinesische Schauspieler machten über die Jahre immer wieder Werbung für den Film - besonders auf der Chat-Plattform "Wechat" mit mehr als einer halben Milliarde Nutzer.

"Kung Fu Panda 2" hingegen hatte ein rund zehn Mal größeres Budget mit 150 Millionen US-Dollar. Woran lag es, dass "Monkey King" der erfolgreichste Animationsfilm der Welt werden konnte? Zum einen spielt Chinas Bevölkerungsgröße eine Rolle. Mit rund 750 Millionen Menschen in den Städten hat China eine riesige Zahl potenzieller Kinogänger. Das allein reicht allerdings nicht aus. Denn sonst wäre jeder chinesische Film erfolgreicher als die Streifen aus dem Westen. Der Affenkönig hat noch etwas geschafft: Er lässt uns das chinesische Publikum besser verstehen.

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DW-Kolumnist Frank SierenBild: Frank Sieren

Erfolg zeigt Möglichkeiten in China

Denn nicht nur haben viele Millionen Chinesen den Film geschaut. Nicht wenige von ihnen haben ihn zwei, drei oder sogar mehr als fünf Mal geschaut und können die nächsten Folgen des Filmes kaum erwarten. Das zeigt, wie emotional die Chinesen konsumieren. Ein chinesischer Held mit chinesischen Werten, beides aus einer alten und berühmten chinesischen Geschichte. Die Zahlen des "Monkey King" haben die Filmwelt aufgeweckt und gezeigt, was möglich ist in China. Die Regisseure und Drehbuchautoren können nun angesichts der enormen Geschichte Chinas aus den Vollen schöpfen. Und Investoren dürfte der Umsatz Mut gemacht haben.

Selbst wenn die actionreichen und technisch brillanten Streifen aus Hollywood immer mehr chinesische Elemente und Schauspieler einbringen oder immer häufiger gleich in China spielen, haben sie dennoch keine Chance derartig historisch tief sitzende Emotionen zu wecken wie eine chinesische Geschichte. "Go West" heißt es zwar im "Monkey King", aber spätestens jetzt ist klar, dass die chinesischen Filmemacher sich besser im Osten an ihren Traditionen und Geschichten orientieren, wenn sie auch künftig die Kinosäle füllen wollen.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.