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Sieg und Panne

12. Juni 2008

Großbritanniens Premierminister Gordon Brown hat in der Abstimmung über ein umstrittenes Anti-Terror-Gesetz einen wichtigen Sieg errungen - gerade, als der Geheimdienst eine peinliche Panne zugeben muss.

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Polizei darf zukünftig mehrBild: picture-alliance/ dpa

Terrorverdächtige dürfen in Großbritannien künftig bis zu 42 Tage ohne Anklage inhaftiert werden. Das Londoner Unterhaus billigte am Mittwochabend (12.6.2006) mit knapper Mehrheit eine entsprechende Verschärfung der Anti-Terror-Gesetze. Bislang hatte die zulässige Haftdauer bei maximal 28 Tagen gelegen. Die Billigung der Vorlage war ein äußerst wichtiges Ergebnis für den angeschlagenen Premierminister Gordon Brown. Die Abstimmung galt als eine Zerreißprobe für die regierende Labour-Partei, die im Unterhaus über eine Mehrheit von 65 Abgeordneten verfügt. Die Zustimmung des Oberhauses steht noch aus.

Knappe Mehrheit

Großbritaniens Premierminister Gordon Brown
Gordon BrownBild: AP

Für die Gesetzesänderung votierten 315 Abgeordnete, 306 dagegen. Dies bedeutet, dass zahlreiche Abgeordnete der regierenden Labour Party mit der Opposition gegen das Gesetz gestimmt haben. Normalerweise verfügt Labour über eine parlamentarische Mehrheit von gut 60 Stimmen. Browns Vorgänger Tony Blair hatte 2005 eine Haftverlängerung für Terrorverdächtige auf 90 Tage angestrebt und war damit am Widerstand seiner Labour-Fraktion gescheitert.

Das Gesetz sorgte in der regierenden Labour-Partei des in Umfragen tief gesunkenen Premierministers für reichlich Zündstoff. Vor der Abstimmung hatte Brown im Parlament noch einmal bekräftigt, dass die Verlängerung der U-Haft angesichts immer komplexer, oft internationaler Anschlagspläne für die nationale Sicherheit notwendig sei. Trotz eindringlicher Appelle von weiteren Regierungsmitgliedern und führenden Labour-Politikern, verweigerten jedoch knapp 40 Labour-Abgeordnete Brown die Zustimmung. Die Verabschiedung durch das Unterhaus kam nur zustande, weil die neun Abgeordneten der größten protestantischen Partei Nordirlands, der Demokratischen Unionisten Partei (DUP), geschlossen für das Vorhaben votierten.

"Schlechteste Ergebnis"

Der Wahlausgang sei das "schlechteste mögliche Ergebnis" für die Regierung, da sie sich auf die DUP habe stützen müssen und eine Zustimmung des Oberhauses nicht sicher sei, kritisierte der Labour-Politiker John Grogan, der sich für eine Ablehung des Entwurfs eingesetzt hatte. Neben den Labour-Abweichlern lehnten auch die oppositionellen Abgeordneten der konservativen Tories sowie der liberaldemokratischen Partei den Plan ab.

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Auch im Oberhaus wird mit heftiger Ablehnung der Pläne gerechnet. Mit einer Erhöhung der U-Haft-Dauer war vor Brown bereits sein Vorgänger Tony Blair gescheitert. Nach den Anschlägen in London im Juli 2005 mit 56 Toten hatte er versucht, die damals maximale Haftdauer von zwei Wochen auf 90 Tage zu erhöhen.

Top Secret im Pendlerzug

Unterdessen wurden Geheimdokumente der britischen Regierung zu Al Kaida und zum Irak in einem Londoner Vorstadtzug gefunden. Die Polizei startete daraufhin weitreichende Ermittlungen, wie die Behörden am Mittwoch mitteilten. Die in einem Briefumschlag enthaltenen Papiere gehörten den Angaben zufolge einem ranghohen Geheimdienstbeamten aus dem Kabinettsbüro und wurden von ihrem Finder dem Rundfunksender BBC übergeben.

Laut BBC trugen die sieben Seiten den Stempel "Streng geheim". Demnach handelte es sich um aktuelle Geheimdienstberichte, die nur für die Regierungen Großbritanniens, der USA und Kanadas bestimmt waren. Die erste Seite soll das Datum 5. Juni 2008 tragen. Die Ermittler versuchen nun herauszufinden, wie es zu dieser Sicherheitspanne kommen konnte. Der betroffene Beamte befindet sich nach Regierungsangaben vorerst noch im Amt, solange die Überprüfungen noch nicht abgeschlossen sind. (sams)