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"Sieben Wochen ohne"

Lothar Simmank 25. Februar 2004

"Am Aschermittwoch ist alles vorbei" - nach den närrischen Tagen beginnt die katholisch-christliche Fastenzeit. Gefastet wird aber auch in anderen Kulturen. Und aus ganz privaten Gründen: Dann heißt das Fasten "Diät".

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Kein Bier, kein Fleisch - bis Ostern!Bild: Bilderbox

Schon Hippokrates hat darauf geschworen: "Ich bin niemals satt vom Tisch aufgestanden. Ich hätte immer noch mehr essen können. Dem schreibe ich mein hohes Alter zu". Das Fasten kann nach Ansicht des antiken Arztes und Gründers der wissenschaftlichen Medizin geradezu Wunder wirken.

Warum fasten?

Für viele war und ist der freiwillige Verzicht auf Nahrung und Genussmittel jedoch mehr als nur Mittel für ein gesundes und langes Leben. Fastenzeiten kennt man in allen großen Weltreligionen: Perioden der Enthaltsamkeit, die fest im Kalender verankert sind und das Leben der Gläubigen prägen. Im Christentum ist es die Passionszeit, die sieben Wochen zwischen Aschermittwoch und Ostern, in denen die Menschen leiblichen Genüssen entsagen sollen, um Bauch und Kopf frei zu haben für spirituelle Erfahrungen.

Heike Adolff, die von Frankfurt aus die evangelische Aktion "7 Wochen ohne" koordiniert, kennt diese Motive auch von den über zwei Millionen Deutschen, die sich an der diesjährigen Fastenaktion beteiligen. "Fasten hat sehr viel mit Stillstand, mit Ruhe, mit innerer Einkehr zu tun", sagt sie. Fasten als innere Reinigung, als Instrument der Besinnung oder als persönliches Bußopfer - das alles können Motive für das Fasten sein.

Fasten im Judentum

Bis heute kennt man auch im Judentum eine ganze Reihe von Fastentagen. Herausragende Bedeutung hat das Versöhnungfest Jom Kippur mit seinem strengen Pflichtfasten. Fasten gehört auch dorthin, wo der unmittelbare Kontakt mit dem Göttlichen geschieht: So verbrachte nach dem Alten Testament Mose 40 Tage ohne zu essen und zu trinken auf dem Berg Sinai, bevor er von Gott die Zehn Gebote empfing. Aber es gibt noch eine weitere jüdische Tradition. "Der andere Fastentag ist kein Feiertag, sondern ein Trauertag: Tisch bea ist dem Andenken an die Zerstörung Jerusalems gewidmet", so Adolff. "Der Tempel wurde während der Babylonischen Gefangenschaft, die 600 Jahre andauerte, zerstört. Nur die heutige Klagemauer blieb erhalten."

Fasten im Buddhismus

In einem ganz anderen Kulturkreis sammelte Buddha Erfahrungen mit dem Fasten. Auf seinem Weg der vierfachen Askese fastete der indische Prinz, um durch ein "elendes Leben" seinen Körper zu züchtigen und ohne Nahrung zur Erleuchtung zu kommen. Zeitweise, so wird berichtet, begnügte sich Buddha mit einem Kuhfladen als Fastenspeise. Doch am Ende erkannte er, dass das Fasten an sich kein absoluter Wert ist, sondern seinen Sinn nur darin haben kann, dem Menschen ein Stück weit Erkenntnis über sich selbst zu schenken. Gleichwohl gehört bis heute zum Buddhismus eine strenge Fastenaskese.

Fasten im Islam

"Fasten ist gut für euch, wenn ihr es begreift", heißt es im Koran. Die islamische Welt fastet im Monat Ramadan. Solange die Sonne am Himmel steht, sollen die Gläubigen sich jeglicher Nahrung enthalten. Auch sexuelle Aktivitäten sind bis zum Einbruch der Nacht tabu. "Ziel des islamischen Fastens ist die Buße", erklärt Adloff. "Es ist auch eine Zeit der Versöhnung, eine intensive Hingabe an Allah, verbunden mit dem Besuch der Moscheen mit vielen Gebeten." Auch der soziale Zusammenhalt der Menschen untereinander soll in dieser Zeit manifestiert und gestärkt werden. Die strengen Bestimmungen, die für Muslime im Arbeitsalltag eine enorme Belastung darstellen, gelten nur für Erwachsene und Gesunde, Kinder müssen nicht mitmachen. Am Ende des Ramadan ist das Studium des Korans angesagt und ein Freudenfest, bei dem üppig getafelt wird.

Fasten als Diät

Dass aus den unterschiedlichsten Gründen Diät-Tage eingelegt werden, zeigt ein Blick in die Völkerkunde: Da gibt es das Trauerfasten der nordamerikanischen Indianer, das Frühlingsanfangsfasten der alten Chinesen, das Reinigungsfasten der japanischen Shinto-Anhänger oder das prophetische Fasten im alten Griechenland, um Offenbarungen und Orakel zu empfangen. Und welchen Verzicht legt sich der moderne Mitteleuropäer heutzutage auf? "Nach wie vor sind es die ganz klassischen Fastenthemen wie Lebensmittel- und Nahrungs-, Genussmittel-Verzicht zu üben und zu leisten", weiß Adloff. "Die Klassiker sind Nikotin- und Alkoholverzicht, Verzicht auf Süßigkeiten."