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Gesellschaft

Grapscher auch im EU-Parlament

23. Oktober 2017

Der Weinstein-Skandal hat die Debatte über sexuelle Übergriffe in der Gesellschaft neu entfacht. Auch aus dem Europaparlament gibt es jetzt entsprechende Berichte. EU-Mitarbeiterinnen wurden bedrängt.

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Symbolbild sexuelle Belästigung im Büro
Bild: picture alliance/Bildagentur-online/Begsteiger

Parlamentspräsident Antonio Tajani zeigte sich in Straßburg "schockiert und entrüstet". Das Präsidium werde sich unverzüglich mit der Frage befassen, kündigte der italienische Christdemokrat an. Das EU-Parlament beschloss eine Dringlichkeitsdebatte zu dem Thema. Sie soll am Mittwoch stattfinden.

Im Zuge der Affäre um Belästigungs- und Vergewaltigungsvorwürfe gegen den US-Filmproduzenten Harvey Weinstein, die seit Wochen immer weitere Kreise zieht, finden offensichtlich immer mehr Frauen den Mut, sich zu Wort zu melden, auch Mitarbeiterinnen des Europaparlaments.

Alarmierende Berichte

Die britische Zeitung "The Sunday Times", das Onlineportal "Politico" und andere Medien machten schwere Vorwürfe von Parlamentsmitarbeiterinnen öffentlich. So sollen männliche Abgeordnete Frauen auf verschiedenste Arten sexuell bedrängt oder begrapscht haben. In einem Fall habe ein Parlamentarier vor einer jungen Assistentin masturbiert, schreibt die "Sunday Times". Auch deutsche Abgeordnete sollen Frauen belästigt haben. Einer von ihnen wird sogar als "führend" bezeichnet. Namentlich genannt wird in dem Bericht allerdings lediglich ein 71 Jahre alter französischer Grünen-Politiker, der der Mitarbeiterin eines anderen Abgeordneten eine unsittliche Textnachricht geschrieben haben soll.

Die Identitäten der anderen Beschuldigten enthüllte die "Sunday Times" nicht - nach eigenen Angaben auf Wunsch der betroffenen Frauen. Sie hätten Angst um ihre Karrieren und fürchteten eine mögliche juristische Auseinandersetzung.

Machtmissbrauch am Arbeitsplatz

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz sei eine schreckliche Art von Machtmissbrauch, kommentierte die deutsche Grünen-Politikerin Terry Reintke die Beschwerden. Sie ermutige alle betroffenen Parlamentsmitarbeiterinnen, Übergriffe beim zuständigen Ausschuss anzuzeigen. "Jeder Fall von sexueller Belästigung muss untersucht werden", ergänzte die österreichische Grüne Monika Vana. Beide Frauen sind  Abgeordnete im Europäischen Parlament.

Seit den Missbrauchsvorwürfen gegen Harvey Weinstein berichten Frauen in aller Welt unter dem Stichwort "#MeToo" von schlimmen Erfahrungen. Das EU-Parlament hat bereits im vergangenen Jahr eine Anlaufstelle geschaffen, die Beschwerden dieser Art prüfen und mögliche Opfer beraten soll. Ein Sprecher sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass dem zuständigen Beschwerdeausschuss seit seiner Einrichtung noch keine Belästigungsvorwürfe angezeigt worden seien.

qu/rb (dpa, afp)