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Setzen, sechs!

Olivia Fritz24. September 2013

Der Hamburger SV gerät immer tiefer in die Krise. Nun soll es Bert van Marwijk richten. Doch dem neuen Hoffnungsträger werden als erstes Knüppel zwischen die Beine geworfen, meint DW-Reporterin Olivia Fritz.

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Themenbild Flügelzange (DW-Grafik: Peter Steinmetz)
Bild: DW

Was tut man, wenn der Sohn in Mathe nur Latein versteht und arg versetzungsgefährdet ist? Man gibt ihm Nachhilfe. Man engagiert einen Profi, der sich auf die Rechnerei versteht und erfüllt dessen Bedingungen und Wünsche, solange garantiert scheint, dass der eigene Nachwuchs die nächste Klasse erreicht.

Der niederländische Trainer Bert van Marwijk soll den Karren beim Hamburger SV aus dem Dreck ziehen. Doch sein Wunsch, neben Landsmann Roel Coumans auch Welt- und Europameister Andreas Möller mitzubringen, wurde nicht erfüllt. Damit dürfte van Marwijk einen guten Eindruck bekommen, was ihn in Hamburg erwartet.

Viele Köche verderben den Brei

Dort wird offenbar lieber munter für Schlagzeilen gesorgt, statt sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und sich mit vereinten Kräften gegen den Abstieg zu stemmen. Vier Punkte aus sechs Spielen, dazu gewaltige 17 Gegentore - das reicht immerhin noch zu Relegationsplatz 16: Versetzung gefährdet, aber es ist noch nicht zu spät! In Hamburg wird stattdessen kritisiert und mitgeredet: Vorstand, Aufsichtsrat, nun auch die Initiative von Ex-Spielern, Ex-Präsidenten und anderen HSV-Mitgliedern, die die Profiabteilung aus dem Verein ausgliedern und längst fällige Reformen wollen. Mittendrin der gewichtige Investor Klaus-Michael Kühne, der in zahlreichen Interviews immer wieder betont "keinen Einfluss nehmen zu wollen" und gleichzeitig schlicht den Abgang sämtlicher Verantwortlicher fordert, sowie Felix Magath als Trainer.

So kehrt keine Ruhe ein. Und ob Kühne nun mit van Marwijk einverstanden ist, sei auch mal dahingestellt. Denn der ehemalige niederländische Nationaltrainer setzte Kühne-Liebling Rafael van der Vaart in den vergangenen vier Jahren meistens auf die Bank, so auch im vergangenen Jahr bei der Fußball-Europameisterschaft.

Schwelgen in der Vergangenheit

Der Hamburger Trainer Huub Stevens (Niederlande, r) und sein Co-Trainer Markus Schupp (M) gehen nach ihrer Verabschiedung an Rafael van der Vaart (Niederlande) vorbei. (Foto: Marcus Brandt, dpa)
Mit dem Niederländer Huub Stevens (r.) hatte der HSV ErfolgBild: picture-alliance/dpa

Der HSV bietet in den letzten Jahren viel Stoff für Seifenopern. Vor allem blickt man im hohen Norden offenbar sehr gern zurück - schließlich ist man das einzige Bundesliga-Gründungsmitglied, das noch nie abgestiegen ist. Und so dachte die Hamburger Vereinsführung bei der Verpflichtung van Marwijks vielleicht an glorreiche Zeiten mit den niederländischen Trainern und Huub Stevens und Martin Jol, die den HSV einst in den Europapokal führten.

Aber es könnte für einen Versetzungsgefährdeten gefährlich werden, darauf stolz zu sein, irgendwann einmal Differentialgleichungen beherrscht zu haben, wenn man nun nicht einmal mehr das kleine Einmaleins draufhat. Es scheint, als müsse der HSV sich erst einmal auf die Grundrechenarten beschränken. Vielleicht ist ja van Marwijk der richtige Mann, immerhin versteht er sich darauf, die Defensive zu stärken. Man muss ihn nur lassen. Sonst könnte es am Ende tatsächlich heißen: Sitzengeblieben!