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Serbien vor wichtigen Entscheidungen

23. Februar 2006

Die EU erhöht den Druck auf Belgrad und fordert die Auslieferung von Ratko Mladic. Zugleich haben die Gespräche über die Zukunft des Kosovo begonnen. Serbien wird sich entscheiden müssen: Europa oder Nationalismus?

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Serbiens Bürger warten gespannt auf neue NachrichtenBild: AP

Die Europäische Union (EU) beabsichtigt, die Verhandlungen für das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Belgrad zu stoppen, wenn die serbische Regierung den mutmaßlichen bosnisch-serbischen Kriegsverbrecher Ratko Mladic nicht ausliefert. Dies kündigte EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn vor dem Außenpolitischen Ausschuss des Europäischen Parlaments (EP) an. Erweiterungskommissar Rehn hat Serbien bis kommenden Montag (27.2.) ein Ultimatum gestellt, den flüchtigen Ex-General Mladic zu verhaften. Rehn erklärte weiter: „Serbien befindet sich in einem sehr kritischen Moment. Und ich hoffe, dass dieses Land seine vorhandenen Potenziale freisetzen und eine europäische Zukunft statt der nationalistischen Vergangenheit wählen wird“, so Rehn. Am Montag wird er auch den EU-Außenministern seinen Bericht über den bisherigen Verlauf der Verhandlungen für das Assoziierungsabkommen mit Serbien-Montenegro und Bosnien-Herzegowina vorlegen.

Drohung mit Abbruch der Verhandlungen

Nur tags zuvor war die Chef-Anklägerin der UN-Kriegsverbrechertribunals ICTY persönlich auf der regulären Pressekonferenz in Den Haag erschienen und hatte Presseberichte über eine Verhaftung Mladics dementiert. „Die Regierung in Belgrad hat mir versichert, dass dies nicht wahr ist. Mladic ist immer noch in Freiheit. Leider!“, sagte Carla del Ponte. Sie erklärte ferner, „ich benötige nun stärkere Unterstützung der EU, damit sich Mladic baldmöglichst in Den Haag einfindet. Konkrete Fristen in Kombination mit eindeutigen Sanktionen werden zu entsprechenden Resultaten führen.“ Ihr zufolge befindet sich Mladic zweifelsohne in Serbien. Serbien wüsste, dass die Verhandlungen über das Abkommen mit Brüssel abgebrochen werden könnten, wenn die Bedingung der Kooperation mit dem ICTY nicht erfüllt würden.

Belgrad will Verhandlungen retten

Auch die serbische Regierung hat wiederholt die Nachricht über Mladics Verhaftung dementiert. Der serbisch-montenegrinische Außenminister Vuk Draskovic bestätigte am Donnerstag (23.2.), dass die Frist für die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber dem ICTY der 27. Februar sei. Er sagte der Presse ferner, die Regierung in Belgrad würde versuchen zu erwirken, dass die Verhandlungen über das Assoziierungsabkommen mit der EU nicht verschoben oder abgebrochen würden, denn „die flüchtigen ICTY-Angeklagten und diejenigen, die sie unterstützen, wünschen sich gerade das herbei.“

Die Leiterin des serbischen Regierungsbüros für die EU-Annäherung, Tanja Miscevic, erklärte, es sei „ganz klar“, dass die kommende Verhandlungsrunde nicht stattfinden werde, wenn die Frage um Mladic nicht geklärt sei. Ihr zufolge ist die EU-Kommission „auf der Seite von Serbien-Montenegro“. Ferner verliefen die Vorbereitungen für die Verhandlungen sehr gut und viel schneller als erwartet. Die Kommission sei jedoch unter großem Druck der EU-Mitglieder, die möchten, dass das Problem Mladic endlich gelöst wird.

Ermittlungen laufen „ohne zusätzlichen Druck“

Miroljub Labus, der stellvertretende Ministerpräsident und Leiter der Verhandlungen mit der EU, sagte, die zweite Runde der technischen Gespräche zwischen Serbien-Montenegro und der EU seien „vom Verdacht überschattet, dass die Regierung weiß, wo sich Mladic aufhält, ihn aber einfach nicht verhaften will. Das ist einfach nicht richtig. Das ist eine Falschinformation, in dem Augenblick, in dem wir Mladic finden, werden wir ihn verhaften“, sagte Labus. Die Regierung verberge nichts, es sei lediglich im Interesse der Ermittlungen, nicht alle Einzelheiten mitzuteilen. Er sagte auch, die Öffentlichkeit würde informiert, falls sich „die Umstände ändern“.

Rasim Ljajic, der Vorsitzende des Nationalrates für die Kooperation mit dem ICTY, sagte am Donnerstag (23.2.), es würde alles unternommen, um die Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit dem Tribunal zu erfüllen, auch „ohne zusätzlichen Druck“ und neue Fristen für die Auslieferung von Ratko Mladic.

DW-RADIO/Serbisch, 23.2.2006, Fokus Ost-Südost