Schwellenländer in Davos
28. Januar 2012An der Fassade des Hotel Belvedere inmitten von Davos ist ein riesiges Plakat aufgehängt. "Brazil" steht darauf, selbstbewusst wirbt die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas bei den Teilnehmern in Davos für sich. Das Belvedere ist das Top-Hotel während des Weltwirtschaftsforums. Hier steigen Staatspräsidenten ab, aber auch Jürgen Großmann, Chef des größten deutschen Energiekonzerns RWE und Eric Schmidt, einst Vorstandschef von Google und heutiger Verwaltungsratschef des Internetriesen.
Auch bei den Mexikanern gilt "think big". Sie ließen unweit des Kongresszentrums gleich zwei große Pavillons errichten, in denen sie Werbung für ihr Land machen und bilaterale Gespräche führen. Der mexikanische Präsident Felipe Calderon ist mit zahlreichen Ministern und einer großen Delegation angereist. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Renault-Chef Carlos Ghosn kündigte der Autohersteller eine milliardenschwere Investition in Mexiko an. In den nächsten Jahren sollen 20.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Mexiko hat derzeit den Vorsitz der G 20 inne und will die nächsten Monate aktiv mit eigenen Initiativen gestalten. Die Schwellenländer zeigen sich also selbstbewusst. Kein Wunder, denn allein in 2012 werden sie um rund sechs Prozent wachsen, ermittelte eine aktuelle Studie der Prüf- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young. Für die Eurozone sagen die Experten hingegen kein Wachstum voraus.
Treiber des Wachstums
Der indonesische Handelsminister Gita Wirjawan war kurz vor seiner Reise nach Davos in Frankfurt am Main auf einer Investorenkonferenz. Die Resonanz dort hat ihn völlig überrascht. Deutsche Unternehmen wollen stark in Indonesien investieren. "Wir haben einen großen Binnenmarkt, auch unsere Kreditwürdigkeit ist gerade heraufgestuft worden. Es lohnt sich, nach Indonesien zu kommen", erzählt er am Rande des Weltwirtschaftsforums. Wirjawan sorgt sich aber auch um das Wachstum der großen Volkswirtschaften. "Wir brauchen ein starkes Europa und ein starkes Amerika", sagt er. "Das ist auch für unsere wirtschaftliche Entwicklung von elementarer Bedeutung". Gleichzeitig wirbt er für ausländische Investitionen. "Der Automobilsektor, der Einzelhandel, der Energiebereich: hier gibt es gute Investitionsmöglichkeiten", erzählt Wirjawan im Interview mit der DW - und eilt schnell zum nächsten Termin.
Deutsche profitieren von den Schwellenländern
Die deutschen Unternehmen haben sich doch längst auf die Globalisierung eingestellt", betont Jürgen Kluge. Er war ein Deutschland-Chef der Beratungsfirma McKinsey und führt heute den deutschen Haniel-Konzern. "Wir partizipieren vom Wachstum der Schwellenländer", sagt er und lobt die exportorientierte Ausrichtung der deutschen Wirtschaft. Die Gewichte in der Weltwirtschaft würden sich zugunsten der Schwellenländer verschieben. "Gehen Sie heute doch mal in die Büroräume eines chinesischen Unternehmens in Schanghai und dann schauen sie mal auf die Landkarten, die dort hängen. Europa ist da nur ein marginaler Punkt."
Autorin: Manuela Kasper-Claridge, z.Zt. Davos
Redaktion: Henrik Böhme